Nationalparkidee in die Gesellschaft tragen – „eine coole Sache“
Über Nachhaltigkeit wird viel geredet. Für Dominik Rüede ist das Thema beruflich sehr konkret. Er leitet seit 2016 beim Nationalpark den Sachbereich regionale Entwicklung. Was er da tut und wie sich sein Verhältnis zu Nachhaltigkeit und Natur durch seinen Beruf verändert hat, verriet er mir im Gespräch.
Besucher zählen: Das machen nicht nur Aussteller und Veranstalter. Auch der Nationalpark hat erst neulich seine Daten aus den bisherigen Zählungen veröffentlicht. Doch warum ist es gut zu wissen, wie viele Menschen das Schutzgebiet besuchen? „Wir wissen jetzt endlich, wo wann wie viel los ist“, so Dominik Rüede. „Die gewonnenen Erkenntnisse können wir beispielsweise in die Dienstpläne des Ranger-Teams einarbeiten. Auch für die künftige Besucherlenkung sowie die Gestaltung von Infrastruktur und Angeboten sind die erhobenen Daten natürlich sehr nützlich. Und: Wir haben mit der zweijährigen Zählung eine solide Datenbasis geschaffen, anhand derer man künftig das eigene Bauchgefühl überprüfen kann.“ Bauchgefühl? „Ja, es wird viel darüber spekuliert, ob aktuell und zukünftig jetzt mehr Besucherinnen und Besucher kommen werden. In Zukunft können wir nun verlässliche Aussagen treffen, denn die Zählgeräte zählen weiter und auch die umfangreichen Besuchererhebungen werden ja wiederholt. So kann man dann über die Zeit hinweg Vergleiche anstellen.“
Im Austausch mit der Region
Die sogenannten sozioökonomischen Zusammenhänge will er gemeinsam mit seinem Kollegen Martin Rimmler und den Kolleginnen und Kollegen anderer Sachbereiche entschlüsseln. Sprich: Welchen Einfluss haben der Nationalpark und sein Besucherstrom auf die regionale Entwicklung? Der Sachbereich von Dominik Rüede und Martin Rimmler bildet dabei eine Schnittstelle des Nationalparks zur lokalen Wirtschaft und den entsprechenden Verbänden. „Neben der Frage, wie viele Besuchende in die Region kommen, ist zudem auch spannend zu sehen, welcher Anteil der Besuchenden wegen des Nationalparks kommt und wie viel Geld diese Leute beispielsweise für Souvenirs, Restaurantbesuche und Übernachtungen ausgeben. So kann man einen regionalwirtschaftlichen Beitrag des Nationalparks ermitteln und abschätzen, wie viele Arbeitsplätze daran hängen“, so Rüede.
Dieser Forschungsansatz ist jedoch nur einer von mehreren Bausteinen des Sachbereichs. Schließlich gehe es nicht nur darum, ökonomische Effekte des Nationalparks aufzuzeigen, sondern auch darum, über die Naturverträglichkeit unseres Gesellschafts- und Wirtschaftssystems mit Wirtschaftsakteuren, Studierenden und der Bevölkerung ins Gespräch zu kommen. „Wenn ich so durch meine Aufgabe hier im Nationalpark dazu beitragen kann, dass wir als Individuen und Gesellschaft mit unserem Lebensstil wieder mehr die planetaren Grenzen achten, dann ist das für mich eine coole Sache.“
Einfach mal näher hinschauen
Aber was hat den promovierten Wirtschafts- und Sozialwissenschaftler Dominik Rüede überhaupt dazu bewogen, zum Nationalpark zu gehen? Manchmal muss man einfach einen Aufbruch wagen – 2016 war das auch bei ihm so. Er suchte nach einem Ausflug in die akademische Welt eine Tätigkeit mit etwas mehr praktischem Bezug und stieß dabei eher zufällig auf den Nationalpark. Für ihn ein beruflicher Schlüsselmoment, schließlich sollte ihm sein neuer Job ungekannte Perspektiven beim Blick auf die Natur eröffnen. „Durch die Berufsjahre im Nationalpark habe ich gelernt, meine Umgebung auch mal aus der Nähe zu betrachten. Beispielsweise ist ein umgefallener Baum bei genauerem Hinsehen wie ein eigener Kosmos, in dem sich spannende Landschaften mit eigenen Lebewesen eröffnen. Davor habe ich beim Wandern in der Landschaft eher so den Panoramablick gehabt, aber es gibt eben auch im Nahen viel Spannendes zu entdecken.“
Und was genau fasziniert Rüede bis heute am Nationalpark? Ganz klar: „Der Impuls, den der Nationalpark auch über seine Grenzen hinaus in die Gesellschaft tragen kann.“ Es geht um die Idee des Sich-Zurücknehmens. Also dass man der Natur Räume gibt, in denen sich der Mensch bewusst aus der Gestaltung heraushält.“ Das, so Rüede, sei besonders vor dem Hintergrund einer Menschheit, die die Erde übernutzt, ein wertvoller Beitrag. Er konkretisiert: „Alleine wir Europäer benötigten 2019 für das durchschnittliche Leben in der EU Ressourcen von 2,8 Erden. Anders gesagt, am 10. Mai 2019 hatten wir als Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union die Ressourcen für das komplette Jahr aufgebraucht. Bedenklich, zumal wir so auf Kosten der Menschen in anderen Erdteilen sowie künftiger Generationen leben." Für Rüede selbst ist sein Engagement für das Naturschutzprojekt Nationalpark eine „tolle Gelegenheit auch in das gesellschaftliche Zusammenleben und wie wir wirtschaften hineinzuwirken."
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Dennis Müller
Bloggt im Auftrag von Kresse & Discher für den Nationalpark Schwarzwald.
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