Wo der Präsident entspannt

Catoctin Mountain Park ist Partner des Nationalparks

15.04.2021 von Oliver Gewald in Kategorie : Blog
  • Westlich von Washington D.C. liegt der Catoctin Mountain Park – einer von drei Partnerparks des Nationalparks Schwarzwald. Wieso sich beide Gebiete trotz der großen Entfernung sehr ähnlich sind und warum dort immer wieder amerikanische Präsidenten nächtigen, verrät der Direktor des Parks, Rick Slade, im Interview.

     

    Rick, kannst du uns erklären, was der frühere Präsident Franklin D. Roosevelt mit dem
    Catoctin Mountain Park zu tun hat?

     

    In seiner Legislaturperiode, das war von 1933 bis 1945, wurden bei uns in den USA viele Nationalparks gegründet. Aber tatsächlich gibt es da noch mehr Verbindungen: Roosevelt hatte gesundheitliche Probleme – und hat deshalb gerne Zeit außerhalb von Washington D.C. verbracht. Am liebsten war er auf seiner Yacht. Während des zweiten Weltkriegs waren die Navy und das Militär allerdings der Meinung, dass er dort nicht mehr sicher sei, also wurde nach einem neuen Rückzugsort gesucht. Seine Berater haben ihm viele verschiedene Orte vorgeschlagen. Roosevelt wollte nicht allzu weit weg von der Stadt sein, gleichzeitig sollte seine Residenz im Wald und in der Nähe eines Gewässers liegen. Am Ende hat er sich für Camp David entschieden, das im Catoctin Mountain Park liegt und auch heute noch einer der Rückzugsorte des amtierenden Präsidenten der Vereinigten Staaten ist.

     

    … und genau dieses Camp hat er einige Jahre zuvor quasi selbst erschaffen!

     

    Richtig! Die Region war damals eine sogenannte Recreational Demonstration Area. Diese wurden unter Roosevelt im ganzen Land gegründet, um einerseits Arbeitsplätze und andererseits Erholungsgebiete in der Nähe von Ballungsräumen zu schaffen. Später wurden viele dieser Gebiete zu Nationalparks – darunter auch der Catoctin Mountain Park. Roosevelt hat sich also das Erholungsgebiet, das er mit seinem Programm selbst erschaffen hat, zu Nutzen gemacht.

     

    Ist es nicht ungewöhnlich, dass ein Nationalpark ein derart geschichtsträchtiger Ort ist?

    Zumindest hat kein anderer Nationalpark einen offiziellen Rückzugsort für Präsidenten – das ist richtig (lacht).

     

    Die Naval Support Facility Thurmont, besser bekannt als Camp David, ist nicht nur eine Erholungsanlage für den Präsidenten – es ist auch ein geschichtsträchtiger Ort, der Schauplatz großer politischer Ereignisse war: Unter anderem wurde dort 1978 auf Initiative des US-Präsidenten Jimmy Carter der israelisch-ägyptische Friedensvertrag ausgehandelt. Im Jahr 2000 fanden Gespräche zwischen Bill Clinton, dem Präsidenten der Palästinensischen
    Autonomiebehörde Jassir Arafat und dem israelischen Ministerpräsidenten Ehud Barak über den Nahostkonflikt statt und 2012 war das Camp David sogar Austragungsort eines G8-Gipfels. Auch heute noch dient das Wochenendhaus immer wieder als Schauplatz für Gespräche mit hochrangigen Regierungsvertreterinnen und Regierungsvertretern aus aller Welt.

    Nationalparks haben in Amerika eine große Geschichte. Der bekannteste, Yellowstone, wurde schon im 19. Jahrhundert gegründet. Welche Bedeutung haben die Parks für das Land?

     

    Als die ersten Nationalparks gegründet wurden, war die Nation noch sehr jung. Es gab sehr große kommerzielle Interessen an Land. Man wollte eine Infrastruktur erschaffen, Hotels bauen und so viele Menschen wie möglich unterbringen. Irgendwann haben einige Vertreter der Regierung gesagt: „Stopp, Moment mal: Lasst uns mal darüber nachdenken, wie wir das Land wirklich nutzen und auf lange Sicht entwickeln wollen.“ Ein Ergebnis aus diesem Denkprozess war die Entstehung des National Park Services. Das Ziel war, besondere Orte für spätere Generationen so zu erhalten, dass auch sie noch Freude daran haben.


    An was kann man sich im Catoctin Mountain Park denn erfreuen, wie sieht die Natur dort aus?


    Große Teile des Parks wurden früher für die Holzwirtschaft genutzt. Das macht ihn sehr gutvergleichbar mit dem Nationalpark Schwarzwald, was mir an der Partnerschaft auch sehr gut gefällt. Mittlerweile haben wir viel aufgeforstet und auch wieder mehr Kiefern im Wald unterbringen können – speziell in den höheren Lagen. Generell ist es eine sehr schöne, dicht bewaldete Gegend mit rund 40 Kilometern an Wanderwegen und Camps mit rustikalen Blockhütten aus Haselnuss. Außerdem haben wir zwei Schwimmbäder! Auch wieder etwas, mit dem nur wenige Parks aufwarten können.

     

    Ihr habt außerdem sehr schöne, aber auch ganz schön gefährliche Tiere im Park. Was kann mir im Catoctin Mountain Park denn über den Weg laufen?

     

    Hier gibt es wirklich schöne Tiere. Die hören sich vielleicht zunächst gefährlich an, die meisten haben aber mehr Angst vor dir, als du vor ihnen. Dazu zählen Braunbären, Coyoten und Füchse. Wirklich gefährlich kann es nur bei den Giftschlangen werden, die es im Park gibt: Klapperschlangen sind zwar nicht aggressiv, aber sehr gut getarnt. Außerdem gibt es hier die berühmten Copperhead Snakes, die Nordamerikanischen Kupferkopf-Schlangen. Ich selbst bin allerdings noch keiner begegnet.

     

    Macht es dich stolz, einen Ort mit so viel natürlicher Schönheit, Diversität, aber auch einer großen Geschichte zu beschützen und zu bewahren?

     

    Oh ja! Das ist der Grund, wieso wir Ranger jeden Tag gerne zur Arbeit kommen. Wir sind alle stolz darauf, mit unserer Arbeit auch bestimmte Werte zu transportieren. Das machen wir nicht nur im Großen für das Land und die Natur, sondern vor allem im Kleinen für die ganzenLeute, die täglich in den Park kommen. Das motiviert uns alle sehr. Generell gefällt mir, dass meine Arbeit greifbar ist: Ich interagiere mit den Besuchern, ich bewahre die Natur und
    damit meinen Arbeitsplatz. Ich bin mir sicher: Jeder, der in einem unserer über 400 Nationalparks arbeitet, ist stolz darauf.
     

    Rick Slade: Die Ostküste kennen und lieben gelernt
    Rick Slade wurde 1973 in Kansas geboren, rund 2000 Kilometer westlich vom Catoctin
    Mountain Park. Während seines Studiums an der Ostküste lernte er seine Frau kennen.
    Heute lebt er mit seiner Familie in Frederick in unmittelbarer Nähe des Parks, den er seit
    2015 als Direktor leitet.
     

    In Deutschland haben Nationalparks und damit auch die Ranger einen Bildungsauftrag. Wie ist das in den USA?


    Hier sind sich beide Länder sehr ähnlich: Wir versuchen den Menschen den Wert, den die Natur hat, näherzubringen. Wir sind hier sehr nah an den Ballungsräumen von Washington D.C. und Baltimore. Das macht den Park so wertvoll: Menschen aus diesen gigantischen Einzugsgebieten können problemlos für einen Tagesausflug aus der Stadt fliehen. Dann realisieren sie: Wow, ich liebe die Natur, und ich möchte öfter hier sein. Vielleicht bringt sie
    das dazu, sich aktiv für den Naturschutz einzusetzen. Gleichzeitig wollen wir hier Geschichte erlebbar machen. Wir wollen die Vergangenheit des Parks anschaulich machen und erklären, wie sich der Mensch ins Ökosystem einfügen kann. Generell zeigen die Nationalparks im ganzen Land: Wenn wir gerade eine schwere Zeit durchmachen, ist diese Nation immer in der Lage zusammenzurücken und große Dinge zu erreichen – wie auch bei der Gründung
    vieler Parks im zweiten Weltkrieg.


    Gebt ihr diese Mentalität auch im Rahmen der Partnerschaft an den Nationalpark Schwarzwald weiter?


    Ich bin jedenfalls viel im Austausch mit den Kolleginnen und Kollegen im Schwarzwald. Wir wollen gemeinsame Prinzipien identifizieren, das ist klar. Gleichzeitig möchten wir aber auch gemeinsam Wege finden, wie sich der Wald bestmöglich von der früheren wirtschaftlichen Nutzung erholen kann. Das ist der wissenschaftliche Teil der Kooperation.


    Wie sieht die Partnerschaft konkret aus – sind Besuche der Parks geplant?


    Auch darüber tauschen wir uns regelmäßig aus. Einen persönlichen Austausch möglich zu machen, ist das Ziel. Wir arbeiten daran. Ich persönlich kenne den Schwarzwald nicht, obwohl ich schon längere Zeit in Deutschland war. Das möchte ich auf jeden Fall nachholen.


    Wie stellst du dir den Schwarzwald denn vor?

     

    Gute Frage! Ich habe zwar Bilder gesehen und war schon in Stuttgart, was nicht so weit vom Nationalpark entfernt ist. Ich kann es mir aber immer noch nicht richtig vorstellen. Ich denke, dass es eine dicht bewaldete Gegend ist, mit einem Mix aus vielen verschiedenen Baumarten mit steilem Terrain Ich muss wirklich mal hin!


    Hast du denn Tipps von Kollegen und Kolleginnen aus Deutschland bekommen, was du dir zuerst anschauen solltest?


    Nein, noch nicht, aber ich möchte unbedingt das Besucherzentrum sehen! Ich habe viele Videos gesehen, vor allem über die Architektur – und ich war echt beeindruckt. Das ist unglaublich! Wir haben hier vielleicht ein gutes Nationalparksystem, aber ein Besucherzentrum in dieser Dimension war für mich auch neu. Ich war wirklich platt, wieviel Arbeit da in die Planung gesteckt und wie die Ressourcen dort verarbeitet wurden. Ihr solltet wirklich stolz darauf sein, was für ein Vorbild ihr mit diesem Zentrum für alle anderen Parks in Deutschland und damit auch für die Bevölkerung seid. Das ist nicht selbstverständlich!

     

    Der Catoctin Mountain Park liegt etwa 100 Kilometer nord-westlich von Washington D.C. bei Thurmont (bekannt durch Camp David). Der Park ist rund 23 Quadratkilometer groß und erstreckt sich über die weiten Hügelketten der Blue Ridge Mountains. Seine grünen Laubwälder sind von Bächen und majestätischen Felsen durchzogen und bieten weite Ausblicke in die Ebene Marylands. Hier erfahren Sie mehr über die Partnerschaft.

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    Zur Person

    Oliver Gewald

    Bloggt im Auftrag von Kresse & Discher für den Nationalpark Schwarzwald.


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