Weiß-Tanne

Die Art des Monats Dezember 2022

01.12.2022 von Dr. Stefanie Gärtner in Kategorie : Art des Monats
  • In unserer Kategorie "Die Art des Monats" stellen Ihnen unsere Artexpertinnen und -experten jeden Monat eine Spezies vor, der im Nationalpark Schwarzwald vorkommt.

    Die Art des Monats ist die Weißtanne (Abies alba)

    Die Weißtanne ist für den Nationalpark Schwarzwald sehr prägend - mit ihrem hohen Anteil und ihrem Einfluss auf das Waldökosystem und die Landschaft. Zusammen mit Buche und Fichte bildet sie den charakteristischen Bergmischwald.

    Die immergrüne Tanne mit ihren schönen, dunkelgrün glänzenden Nadeln wird zu Weihnachten besungen. Die Krone der jungen Weißtanne ist kegel- bzw. pyramidenförmig, so wie man sich einen idealen Weihnachtsbaum vorstellt. Allerdings sind es heute meist ihre ursprünglich aus dem Kaukasus und Kleinasien stammenden Verwandten, die ihren Weg in deutsche Wohnzimmer finden. Früher waren es eher Fichten, die umgangssprachlich - botanisch allerdings inkorrekt - auch als Rottanne bezeichnet werden. Die Nordmann-Tanne (Abies nordmanniana) hat den großen Vorteil, dass sie erst Monate nach dem Einschlag ihre Nadeln verliert. Ein weiterer Weihnachtsbaumvorteil ist, dass die Nadeln dichter wirken, da sie stark nach vorne gerichtet sind.

     

     

     

    Auch bei unserer heimischen Weiß-Tanne sind die nadelförmigen Blätter einzeln, spiralig an Langtrieben angeordnet. Bei der Kiefer dagegen an Kurztrieben. Die Nadeln sind mit einer scheibenförmigen Ansatzstelle am Zweig befestigt, nach dem Abfallen der Nadel ist der Zweig glatt (im Gegensatz zur Fichte, dort sind die Zweige nach Abfallen der gestielten Nadeln rau). Die Zweige sind zuerst glänzend blassgrau bis gelblich grau, mit kurzen Haaren, später werden sie rau, aber sind nicht gefurcht. Der Leittrieb von Jungpflanzen sind glänzend blassgrau.

    Bei Abies alba ist die Stellung der Nadeln am Zweig abhängig vom Lichtgenuss des Zweigs, zur optimalen Lichtausnutzung wirken die Nadeln im Schatten wie in eine Ebene gebracht und scheinen zweizeilig (gescheitelt) angeordnet. Ausserdem können die unteren und seitlichen Nadeln doppelt so lang sein wie die oberen Nadeln. Die einzelnen Nadeln sind flach, bis 3 mm breit und 2-3 cm lang und können 7-11 Jahre alt werden. Die flachen Nadeln sind oben dunkelgrün auf der Unterseite haben sie zwei weißliche Wachsstreifen. Dies sind Spaltöffungen über die der Gasaustausch der Pflanze geregelt wird: Kohlenstoffdioxid rein, Sauerstoff und Wasser raus. Dadurch, dass sie Spaltöffungen auf der Blattunterseite liegen, schützen sich die Nadeln vor dem Austrockenen. Die Spitzen der Nadeln sind stumpf, wenn man genau hinsieht erkennt man eine Kerbe. Das ist ein gutes Unterscheidungsmerkmal zur Fichte – die Fichte sticht, die Tanne nicht.

    Individuen der Weiß-Tanne werden je nach Standort 30 bis 60 Meter hoch, 3,0 bis 3,5 Meter breit und können ca. 500 Jahre alt werden. Damit sind es die höchsten europäischen Bäume. Auch im Nationalpark Schwarzwald sind es die höchsten auch ältesten Bäume.

    Die Äste der Tannen sind waagerecht abstehend. Bei alten Tannen überragen die Seitenäste den Gipfeltrieb daher erscheinen die Baumgipfel abgeflacht wie ein Storchennest.

    Die Rinde ist weißgrau, glatt und mit kleinen Harzblasen. Das Harz, setzt einen wohlriechenden Duft nach Zitrone und Gewürzen frei und ist auch als Elsässer Terpentin oder Straßburger Terpentin bekannt und war zu früheren Zeiten ein geschätztes Handelsgut.

    Im Alter, ab 40 bis 60 Jahren wird die Rinde rissig, zeigt deutliche Querrisse. Die rauere und bräunlichere Rinde wird dadurch mit zunehmenden Alter ein ideales Habitat für Epiphyten (= Aufsitzerpflanzen). Die ältere Rinde bildet eine sogenannte Schuppen-Steinzellborke, die abblättert. Die Schuppen sind 3 bis 8 Millimeter dick und ihre Innenseite ist rötlichbraun gefärbt.

    Bis Weiß-Tannen blühen dauert es sehr lange. Einzeln stehende Bäume werden erst mit 30 Jahren geschlechtsreif, Bäume im Waldbestand mit 60 Jahren. Obwohl das natürlich auch weibliche Blüten betrifft, wird dies bei Bäumen als  Mannbarkeit  bezeichnet. Die männlichen und weiblichen Blüten befinden sich auf einem Baum, meist aber auf unterschiedlichen Zweigen. Die Blüten erscheinen im Mai oder Juni in ungünstigen Lagen alle 5 bis 8 Jahre, bei günstigen Bedingungen oft mehrere Jahre hintereinander.

    Die weiblichen Blütenstände sind meist weniger zahlreich als die männlichen und befinden sich weit oben in der Krone. Weibliche Blütenstände (Zäpfchen) sind 3 bis 5 Zentimeter lang und blassgrün, sie wachsen aus Seitenknospen auf der Oberseite kräftiger Triebe vom Vorjahr und werden durch den Wind von anderen Bäumen bestäubt (fremdbestäubt). Männliche Kätzchen (zapfenähnlich, abwärtsgerichtet), sind 2 bis 3 Zentimeter lang und gelblich. Sie kommen einzeln aber gehäuft auf der Unterseite in den Achseln vorjähriger Nadeln im mittleren und unteren Kronenbereich vor.

    Noch im Herbst des gleichen Jahres reift der Samen. Die weiblichen Zapfen sind zur Samenreife 8 bis 16 Zentimeter lang braungrün und aufrecht. Das ist ein wichtiger Unterschied zur Fichte, deren Zapfen hängen. Die Zapfen der Tanne lösen sich schuppenförmig auf, zurück bleibt eine aufrechte Spindel. Daher verwenden wir als Weihnachtsdekoration meist Fichtenzapfen, die zwar auch ohne Samen aber - wie auch Kiefern oder Lärchenzapfen - als Ganzes vom Baum fallen. Die einzelnen Samen, d.h. eigentlich das einzelne Fruchtblatt mit zwei Samenanlagen, wird vom Wind verbreitet und als Schraubendrehflieger bezeichnet.

     

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