Insektenschutz bei der Wildwiesenpflege
Der Mulchzeitpunkt von Waldwiesen beeinflusst die Insektenvielfalt
Wie in einem vorherigen Blogbeitrag versprochen folgen hier die Ergebnisse aus der Dissertation von Dr. Maria M. Georgi. Sie hat an der Professur für Naturschutz und Landschaftsökologie der Universität Freiburg, unter anderem auch zusammen mit Kolleginnen und Kollegen im Nationalpark Schwarzwald, die Auswirkungen verschiedener Zeitpunkte des Mulchens auf Insektenlarven und blütenbesuchende Insekten untersucht.
Was ist der Unterschied zwischen Mähen und Mulchen? Wald- oder Wildwiesen? Und warum interessiert das überhaupt?
Wildwiesen sind Wiesen im Wald, also Waldwiesen. Sie haben einen bestimmten Zweck: Sie werden angelegt, um Wildtiere – vor allem Reh und Hirsch – vom Knabbern an jungen Zweigen und vor allem Knospen abzuhalten, da ihnen mit der Wildwiese eine gute Nahrungsalternative zur Verfügung steht (siehe Bild eined Wildkamera oben). Um gras- und kräuterreiche Offenflächen im Wald zu erhalten, müssen sie gepflegt werden. Sonst erobern die Bäume sie zurück.
Idealerweise werden Wiesen gemäht und das Schnittgut abtransportiert. Allerdings lohnt sich dieser Aufwand für die meist kleinen Waldwiesen nicht. Daher werden sie meist gemulcht. Beim Mulchen wird die Wiese geschnitten, das Schnittgut gleichzeitig gehäckselt und es verbleibt auf der Wiese.
Die Auswirkungen der Methode auf die dort lebenden Insekten wurde bislang wenig erforscht. Diese Methode wird in der Forst- und Jagdpraxis jedoch oft angewandt, um Wildwiesen zu pflegen. Daher interessieren die Ergebnisse nicht nur das Forschungsteam der Nationalparkverwaltung, sondern auch die Praktikerinnen und Praktiker im Wirtschaftswald ausserhalb des Schutzgebiets.
Was und wie wurde untersucht?
Untersucht wurden unter anderem Insektenlarven und blütenbesuchende Insekten (siehe Blogbeitrag "Mähen, Muhen oder Mulchen") auf 24 Wildwiesen im Nationalpark. Die Frage war: Wie wirkt sich das Mulchen zu verschiedenen Zeitpunkten auf diese Insekten aus? Als Kontrollgruppe dienten sechs Wiesen, die nicht gemulcht wurden. Zwölf weitere Wiesen wurden entweder nur im Juni oder nur im September gemulcht (also jeweils sechs Wiesen pro Mulchzeitpunkt); sechs weitere Wiesen im Juni und zusätzlich im September.
Bei den Insektenlarven machten Pflanzenwespen 45 Prozent und Schmetterlinge 44 Prozent der untersuchten Population aus. Bei den blütenbesuchenden Insekten dominierten Schwebfliegen mit einem Anteil von 80 Prozent.
Mulchen im September schützt blütenbesuchende Insekten
Bei den Insektenlarven wirkten sich alle drei untersuchten Zeitpunkte des Mulchens im Vergleich zur Kontrollgruppe negativ auf deren Anzahl aus.
Für den Schutz von solitär lebenden, in kleinen oberirdischen Hohlräumen nistenden Wespen ist es am besten, nur im Juni zu Mulchen. Bei blütenbesuchenden Insekten wirkte sich das Mulchen im Juni sowie das Mulchen, das im Juni und zusätzlich im September stattfand, negativ auf die gezählten Insekten aus. Keine Auswirkungen hatte hier jedoch das Mulchen im September. „Um blütenbesuchende Insekten zu schützen, können wir auf Basis unserer Ergebnisse empfehlen, das Mulchen im September durchzuführen, das ist jedoch gegensätzlich zur Empfehlung für oberirdisch nistende Wespen“, folgert Georgi.
Was ist die Take-home-message für den Insektenschutz?
Fast alle untersuchten Zeitpunkte des Mulchens wirken sich negativ oder gegensätzlich auf die untersuchten Insekten aus, die auf den Waldwiesen zu finden sind. „Die Pflege ist wichtig für den Erhalt der Waldwiesen. Daher schlagen wir vor, für einen besseren Schutz der dort lebenden Insekten künftig alternative Formen des Mulchens zu verwenden, falls keine Möglichkeit für andere Pflegeformen, zum Beispiel Mähen der Wiesen, vorhanden ist“, so Georgi. Alternative Formen des Mulchens sind zum Beispiel das Mulchen in Streifen und das Verwenden von insektenfreundlichen Mulchgeräten.
Weitere Informationen:
https://www.landundforst.de/landwirtschaft/pflanze/mulchen-insekten-schuetzen-563183
Referenzen:
Die ursprüngliche Fassung dieses Textes ist unter Pressemitteilungen der Uni Freiburg zu finden:
Die zugrundeliegenden Orginalarbeiten:
Georgi M M, Fornof F, Gärtner S M, Neitzel S, Geist A, Klein A M (2022) Timing and mulching frequency affected the number of nests of cavity‑nesting wasps that hunt for aphids in forest meadows. Journal of Insect Conservation 26:973–981. doi.org/10.1007/s10841-022-00442-y
Georgi M M, Gärtner S M, Förschler M I, Buse J, Fornoff F, Ssymank A, Oelmann Y, Klein A-M (2023) Mulching time of forest meadows influences insect diversity. Insect Conservation and Diversity 1-11. https://doi.org/10.1111/icad.12629
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