Inklusion ist ein Menschenrecht
Auf das Gespräch mit Sandra Olbrich bin ich gespannt. Auf die Person und auf ihre Arbeit. Sandra ist seit Sommer 2023 Beauftragte für Inklusion im Nationalpark. Und sie stellt unmissverständlich klar: „Inklusion ist kein Charity-Thema oder eine Herzensangelegenheit, wie ich es immer wieder höre… nein, Inklusion ist ein Recht, ein Menschenrecht, das behinderte Menschen haben.“
Dieses Recht soll im Nationalpark noch viel mehr umgesetzt werden. Im Leitbild des Parks finde ich zum Thema Inklusion den Satz: „Wir bauen vorhandene Barrieren ab und schaffen keine neuen.“
Barrieren abbauen
Barrieren abbauen könnte also Sandras Jobbeschreibung sein. Da geht es schon im Besucherzentrum los: Wie zugänglich ist das eigentlich? Gibt’s genug automatische Türöffnungen? Wie kommen zum Beispiel blinde Menschen in der Ausstellung zurecht?
Aber es geht auch um digitale Barrierefreiheit: Können alle die Website nutzen? Sind bei Meetings oder Veranstaltungen die Präsentationen zugänglich für Menschen mit Sehbehinderung? Spreche ich verständlich? Wie sieht es draußen, im Gelände, aus? Sandra ist für all diese Fragen die Richtige. Denn schon lange, lange bevor sie im Nationalpark gearbeitet hat, treibt sie die Frage um: Wie können alle Menschen überall dabei sein und mitmachen?
Expertin in eigener Sache
Beim Thema Inklusion nennt sich Sandra „Expertin in eigener Sache“, was mit ihrer Gehbehinderung zusammenhängt. Sie stößt täglich auf viele Hindernisse. „Das liegt daran, dass nicht-behinderte Menschen entscheiden, was behinderte Menschen brauchen und was nicht“, kritisiert sie. „Wir brauchen aber mehr Selbstvertretung bei Entscheidungen. Und das passt für mich gut zum Nationalpark, wo Beteiligungsprozesse so wichtig sind.“
Wirksam sein
Die Stelle der Inklusionsbeauftragten ist Sandra „vor die Füße gefallen“, wie sie lachend sagt. Ein paar Tage vor Bewerbungsschluss entdeckte sie die Anzeige in ihren sozialen Netzwerken. „Ich musste nicht lange überlegen, ob ich eine Bewerbung schreibe. Die Anzeige hat mich bei meiner Suche nach mehr Wirksamkeit abgeholt.“
Wirksam war sie zuvor beim Südwest Rundfunk, dort kümmerte sie sich unter anderem um „Leichte Sprache“. Eigentlich kommt Sandra vom Journalismus,
sie könnte diesen Text auch selbst schreiben. Sie hat bei Radio Bremen volontiert, war in der Nachrichtenredaktion und als Filmautorin tätig. Danach kam ein Job bei der „Tagesschau“, bei dem sie das Arbeiten unter Zeitdruck gelernt hat. Sandra wechselte als Moderatorin zum ZDF, nahm auch externe Moderationsaufträge an. Hinterfragen, gegen den Strich bürsten, abwägen, auf Leute zugehen, all das ist für Sandra Olbrich selbstverständlich.
So fing sie auch im Nationalpark an: „Ich habe den Kolleginnen und Kollegen erst mal zugehört.“ Dabei hat sie festgestellt, dass es an Begegnung fehlt. „Es muss zu einem selbstverständlichen Miteinander kommen. Wir brauchen mehr behinderte Menschen, die hier arbeiten oder vielleicht bald eine Ausbildung machen.“ Auch dafür wird sich die Mutter von zwei Jungs einsetzen.
In die Breite gehen
Und für noch viel mehr, denn bislang gibt es im Nationalpark vor allem punktuelle Angebote für behinderte Menschen. „Wir müssen in der Breite besser werden“, erklärt sie. Dazu wird etwa gehören, dass es keine Sonderveranstaltungen für Menschen mit Behinderung gibt, sondern dass durch Hilfsmittel – beispielswiese einen geländegängigen E-Scooter – die meisten Angebote des Nationalparks für alle zugänglich sind.
Selbständigkeit ermöglichen
Wichtig ist für Sandra auch, dass für Touren und Routen im Park eine Bewertungsmatrix entwickelt wird, durch die behinderte Menschen genau erfahren, wie die Strecke aussieht. Darin könnte unter anderem stehen, wie die Bodenbeschaffenheit ist oder welche Hilfsmittel vielleicht benötigt werden. „Dann können behinderte Menschen selbst entscheiden: Kann ich das machen oder nicht.“ Die Betonung liegt auf „selbst“. Denn das ist der Kern von Barrierefreiheit“, sagt Sandra: „Mittendrin sein ohne fremde Hilfe.“
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Zur Person
Iris Lemanczyk
Bloggt im Auftrag der Nationalparkverwaltung aus dem Nationalpark Schwarzwald.
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