Wildnisbildung im Fokus

17.11.2023 von M.Sc. Ulrike Unser in Kategorie : WibiDigi
  • Bildungsteams aus deutschen Nationalparks tauschen sich aus

    Alljährlich treffen sich für zwei Tage die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Arbeitsgemeinschaft Wildnisbildung (AG Wildnisbildung) aus unterschiedlichen Schutzgebieten Deutschlands zum Austausch von Methoden und Erfahrungen aus der Wildnisbildung - dieses Mal im Nationalpark Schwarzwald. „Unser Ziel ist es, ein gemeinsam erarbeitetes Konzept über die Jahre zu erproben und zu optimieren, um es dann in anderen Großschutz- und Verwilderungsgebieten Deutschlands zu etablieren“, sagt Sebastian Schwab, Leiter der Wildnisbildung des Nationalparks Schwarzwald. In der Wildnisbildung steht es an erster Stelle, die Wildnisphänomene elementar, originär und individuell erlebbar zu machen - ohne Spuren zu hinterlassen. All das verbunden mit der Absicht, den großen und kleinen Gäaten das eigene Erleben durch Reflexion bewusst zu machen, dadurch den Wert von verwildernder Natur aufzuzeigen und einen Transfer in den Lebensalltag anzustoßen - ganz im Sinne der Bildung zur nachhaltigen Entwicklung (BNE).

    "Also nur eine Führung mit festem Ablaufplan und etwas beibringen, das ist nicht Wildnisbildung“, sagt Schwab. Wildnisbildung beginne bei „Hand“ und „Herz“ und bezieht dann den „Kopf“ mit ein - sie verbinde so emotionale und kognitive Zugänge. Physische und psychische Herausforderungen im Sinne der Erlebnispädagogik beispielsweise kommen hinzu. So rege etwa konsumreduziertes Unterwegssein in der Wildnis, das Spüren der Natur mit allen Sinnen, und das Fühlen der Verbundenheit zum Nachdenken darüber an, was im Leben wirklich wichtig sei, erklärt der Wildnispädagoge. Dabei sei es erstrebenswert, „viel Zeit zu geben zum bewussten Wahrnehmen“, das „Potential der Fläche des verwildernden Waldes zu nutzen“ sowie flexibel zu bleiben und die Methoden an die Gruppe anzupassen. Natürlich spiele auch die kleine Gruppengröße von maximal 15 Teilnehmern eine Rolle, die Dauer des Aufenthaltes im Wald sowie die immer wiederkehrenden Aufenthalte in der werdenden Wildnis.

    Immer wieder neuen Herausforderungen stellt sich die AG Wildnisbildung aber auch. Im Nationalpark Harz sei es gerade so, dass „alles wild wird“, so berichtet Jens Halves, der Leiter der Natur- und Wildnisbildung aus dem Nationalpark-Besucherzentrum TorfHaus. Während sich früher bestimmte Gebiete ausschließlich für diese oder jene Methode eigneten, so sei dies nun nicht mehr der Fall.

    Die AG Wildnisbildung beschäftigt sich auch mit der Frage, wie sich die Digitalisierung mit der Wildnisbildung vereinbaren lässt. „Naturvermittlung und digitale Mediennutzung schließen sich nicht gegenseitig aus“, meint Matthias Eberspächer aus dem Bildungsteam des Nationalparks Schwarzwald. „Wichtig ist, dass man Kinder und Jugendliche dort abholt, wo sie stehen. Das kann auch mit digitalen Medien geschehen.“ Wichtig sei dann jedoch, die digitale Welt zu verlassen und direkte Erfahrungen zu machen. Einen Mehrwert sieht Eberspächer darin, das Erlebte über soziale Medien zu teilen und auch zu reflektieren. „Bei einem Besuch im Nationalpark entdecken die Kinder und Jugendlichen wilde, unbändige Natur. Sie sprechen über ihren Schutz. Zuhause, im Alltag und im Lebensumfeld der Kinder und Jugendlichen, braucht es meist noch weitere, unterstützende Schritte, bis auch tatsächlich nachhaltig gehandelt wird.“ Oft sei einfach auch nur das Zuhören und das Ernstnehmen wichtig. Eberspächer glaubt, dass es wesentlich ist, Verbindung zu schaffen – "nicht nur zur Natur, auch zu einander“.

    Thomas Fritz, Waldpädagoge aus dem Bildungsteam des Nationalparks Schwarzwald, merkt an, "dass wir mit den Methoden der Wildnisbildung einen Perspektivwechsel wagen – weg vom Anthropozentrismus, bei dem der Mensch im Mittelpunkt steht, hin zu einer Haltung, die den Menschen als Teil des Ökosystems sieht". „Die Klimakrise und die Biodiversitätskrise zeigen uns doch, dass wenn wir Menschen glauben alles beherrschen zu dürfen, wir mit dieser Haltung unsere eigenen Lebensgrundlagen vernichten", ergänzt er.

    „Es ist sehr wichtig für die Weiterentwicklung von Bildungsprogrammen sich mit Kolleginnen und Kollegen aus den anderen Schutzgebieten auszutauschen“, betont Schwab. „Als Nächstes steht die Entwicklung einer Weiterbildungsreihe für Nationalparkmitarbeiterinnen und -mitarbeiter auf der Agenda.“ Ziel sei es, möglichst vielen Menschen, die mit Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen arbeiten, die Idee, Methoden und Themenfelder der Wildnisbildung zu vermitteln. „Wir bleiben im Gespräch, probieren neue Methoden aus, um im nächsten Jahr wieder Erfahrungen auszutauschen“ - beim nächsten Treffen der AG Wildnisbildung. Dann in einem anderen der Schutzgebiete Deutschlands.

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