Schutz für die gefährdeten Auerhühner

Das Auerhuhn hat im Schwarzwald einen ganz besonderen Stellenwert. Es findet sich beispielsweise im Wappen des Landkreises Freudenstadt wieder. Leider ist die Zahl dieser beeindruckenden Großvögel in den letzten Jahrzehnten überall stark zurückgegangen. Von den im 6.000 Quadratkilometer großen Schwarzwald verbliebenen Auerhühnern lebt ungefähr jedes fünfte Tier im nur 100 Quadratkilometer großen Nationalpark Schwarzwald. Doch auch hier gibt es mittlerweile so wenige Auerhühner, dass das Überleben jedes einzelnen Auerhuhns für den Erhalt der gesamten Auerhuhnpopulation im Schwarzwald entscheidend ist.

Seit 2022 wird deshalb im gesamten Schwarzwald der sogenannte Notfallplan Auerhuhn umgesetzt, ein striktes und bislang beispielloses Schutzkonzept. Das große Ziel: Die bestehenden Lebensräume großflächig zu vernetzen und die Population so langfristig zu stabilisieren.

Im Jahr 2022 wurden noch 97 balzende Hähne im Schwarzwald erfasst, 17 davon im Nationalpark. Unter anderem konnten 2023 durch die Umsetzung des Auerhuhn-Notfallplans wieder 23 balzende Hähne im Nationalpark gezählt werden.

DER NOTFALLPLAN AUERHUHN

In Baden-Württemberg stehen die Auerhühner auf der Roten Liste und sind vom Aussterben bedroht. Das liegt unter anderem daran, dass geeignete Lebensräume immer weiter eingeengt und zerschnitten werden und sich die Störung durch den Menschen verstärkt hat. Deswegen soll der gebietsübergreifende Notfallplan dem Auerhuhn nun auf die Sprünge helfen. Auch wenn eine Trendumkehr schwierig scheint, müssen alle sinnvollen Maßnahmen ergriffen werden.

Im Rahmen des Auerhuhn-Notfallplans werden vor allem zwei Maßnahmen zum Schutz des Auerhuhns fokussiert:

  • Die Lebensräume der großen Hühnervögel werden durch Maßnahmen der sogenannten Habitatpflege verbessert und vernetzt. Dabei sollen besonders Freiflächen und strukturreiche, lichte Wälder erhalten bleiben und wiederhergestellt werden.
  • Die Balzplätze und Kükenaufzuchtgebiete werden als störungsfreie Ruhezonen ausgewiesen. Dies betrifft insbesondere Störungen durch den Menschen. Das können Besucherinnen und Besucher, aber zum Beispiel auch Jägerinnen und Jäger sein. So soll der Stress in den besonders sensiblen Lebensphasen verringert werden.

Lichte, strukturreiche Lebensräume mit ausreichend Nahrung, wie zum Beispiel Heidelbeeren, sind Voraussetzung für den Bestand der Auerhühner. In einem Nationalpark, in dem der Mensch nicht eingreift, werden durch Borkenkäfer, Sturm und den Einfluss der großen Pflanzenfresser mittel- bis langfristig solche Lebensraumstrukturen von selbst entstehen. Bis dahin wird übergangsweise in der Management- und Entwicklungszone großflächig Auerhuhnhabitatpflege geleistet. Dabei werden beispielsweise Kiefern, Lärchen, Tannen und Laubbäume, wichtige Nahrungs- und Schlafbäume der Auerhühner, begünstigt. Zu stark gewachsene Heidelbeerstrukturen (über 50 cm) und der Fichtenaufwuchs werden reduziert oder aufgelichtet, einzelne Bäume entfernt, Flugschneisen und Aufenthaltsplätze geschaffen. Der Fokus der Maßnahmen liegt auf den Balzplätzen der Tiere sowie deren direktem Balzplatzumfeld (etwa 100 Hektar um das Zentrum).

In den Kernzonen des Nationalparks Schwarzwald gilt das Motto: Natur Natur sein lassen. Sie werden komplett sich selbst überlassen und sind damit am stärksten geschützt. Das heißt auch, dass hier keine eingreifenden und lenkenden Managementmaßnahmen umgesetzt werden. Der Notfallplan Auerhuhn ist hier die einzige Ausnahme. Aktuell beeinflussen die Habitatpflegemaßnahmen auch etwa 1 % der Fläche in den Kernzonen, die unter strengen Auflagen umgesetzt werden.

Verlassen die Menschen zum Beispiel die ausgewiesenen Wege, können sie die scheuen Vögel leicht aufschrecken. Besonders im Winter kann das lebensgefährlich sein. Mit Maßnahmen der Besucherlenkung wird versucht, gezielt störungsfreie Ruhezonen für das Auerhuhn sicherzustellen. Diese umfassen:

Wegerückbau

Für den Nationalpark wurde ein umfassendes Wegekonzept gemeinsam mit der Region erarbeitet. Dieses wird weiter konsequent umgesetzt. Bestimmte Wege, insbesondere alte Forstwege, die nun nicht mehr gebraucht werden, werden zurückgebaut. So entstehen größere Ruhebereiche für Arten.

Temporäre Sperrungen

Während besonders störungssensibler Lebensphasen setzt die Nationalparkverwaltung temporäre Sperrungen von Wegen um. Nur so kann die notwendige Ruhe in diesen Zeiten für das Auerhuhn auch wirklich sichergestellt werden. Eine Abwägung, ob eine Beruhigung für das Auerhuhn notwendig ist, erfolgt jährlich situationsbedingt und in direkter Abhängigkeit der Monitoringergebnisse, insbesondere der Balzplätze.

…und die Jagd?

Zum Schutz der verbleibenden Auerhuhnpopulation findet auch bei der Jagd im Nationalpark eine konsequente Beruhigung statt. Die Nationalparkverwaltung weist deswegen in einem Bereich von mindestens 100 Hektar um alle kartierten Balzplätze Wildtierruhebereiche aus. Dadurch werden die dort lebenden Rothirsche selbst zu aktiven Lebensraumgestaltern für die Auerhühner.

Dazu findet ein umfassendes Fotofallenmonitoring statt, das die Prädatoren der Auerhühner, zum Beispiel den Fuchs, ganz genau beobachtet und überwacht.

Das Team des Nationalparks steht in einem bundesweiten und internationalen Austausch mit anderen Forschenden und Expertinnen und Experten, um den Notfallplan immer weiter zu verbessern.

Ein besonderer Fokus der Forschung liegt aktuell auf dem Rotfuchs und Baummarder als natürliche Fressfeinde des Auerhuhns sowie den Rothirschen als wichtige Lebensraumgestalter in einem Prozessschutzgebiet, wie es der Nationalpark ist. Durch wildtiergenetische Untersuchungen findet eine Populationsschätzung und Bestimmung populationsgenetischer Parameter statt. Außerdem wird eine flächendeckende Habitatbewertung mit einem standardisierten Lebensraum- und Nachweismonitoring umgesetzt, um das bisherige Monitoring (Balzplatzerfassung, Reproduktionsmonitoring, genetisches Monitoring) für die Art weiter auszubauen.

Das Auerhuhn

Auerhühner sind sehr große und damit sehr auffällige Vögel. Mit einer Flügelspannweite von bis zu 90 Zentimetern sind sie die größten Hühnervögel Europas. Gleichzeitig sind sie aber auch sehr scheu und führen eine eher heimliche Lebensweise.

Wie auch bei anderen Vogelarten unterscheiden sich Männchen und Weibchen bei Auerhühnern deutlich. Der Auerhahn kann bis zu einem Meter groß werden, womit er deutlich größer ist als die ca. 60 Zentimeter große Auerhenne. Auch das Gefieder unterscheidet sich deutlich. Ist es beim Auerhahn dunkelbraun bis dunkelgrau mit einem metallisch glänzenden grünen Brustschild, so ist die Henne deutlich heller und braun gefärbt, mit schwarzen und silbernen Querbändern.

Besonders wohl fühlen sich die Auerhühner in lichten Nadel- und Mischwäldern mit einem reichlichen Angebot an Beerensträuchern, wie zum Beispiel der Heidelbeere. Sie brauchen eine gute Übersicht über die Umgebung mit Räumen und Nischen, um sich verstecken und vor Feinden schützen zu können. Außerdem brauchen sie aufgrund ihrer Größe viel Platz, um bei drohender Gefahr losfliegen zu können. Ein idealer Lebensraum besteht aus alten, dicken Bäumen, Totholz und dazwischen stellenweise nachwachsendem jungen Bewuchs.

Im Gegensatz zu einigen anderen Vogelarten fliegen Auerhühner über den Winter nicht in den Süden. Sie legen sich ein dichtes Federkleid zu, das sowohl die Beine als auch die Nasenlöcher mit wärmenden Federn bedeckt. Bei extremer Schneelage lassen sie sich einschneien. In der Regel ziehen sie sich im Winter jedoch in die Kronen von Bäumen zurück.

Über das Jahr hinweg ernähren sich Auerhühner von Knospen, frischen Blättern, Samen und Beeren. Im Winter steigen sie auf Nadeln von Kiefern und Fichten um.

Mehr erfahren