Sterben sie aus, die Auerhühner?

03.02.2023 von Iris Lemanczyk in Kategorie : Blog
  • Sie werden bis zu einem Meter groß und bis zu fünf Kilo schwer. Ihr Balzlied, mit dem sie bei den Damen Eindruck schinden wollen, ist erst leise, dann wird’s immer lauter: Kalöppkalöpp-kalöppöppöpp. Na ja, so ungefähr jedenfalls bezirzt der Auerhahn die Auerhenne. Wenn es sein muss so laut, dass er auch noch in 400 Metern gehört wird. Im Winter sind Auerhühner perfekte Schneeschuhgänger – ohne sich die Teile anschnallen zu müssen. Denn zwischen ihren Zehen gibt es kleine Hornstifte, die dafür sorgen, dass die schweren Vögel nicht einsinken.

    Europas schönste Vögel

    Sie bleiben ihrer Heimat treu, leben auf dem Boden, aber zum Schlafen verziehen sei sich auf Bäume, am liebsten auf Kiefern. Sie fühlen sich in lichten Wäldern wohl und auf den Grinden, denn dort auf den nahezu waldfreien Bergheiden wartet ein leckeres Samen- und Beeren-Buffet. Das mögen sie. Die Auerhennen und Auerhähne. Für manche zählen sie zu den schönsten Vögeln Europas.

    Sehr bedroht

    Aber den Auerhühnern im Südwesten geht es schlecht. Sehr schlecht sogar. Für die Auerhuhnpopulation im Schwarzwald ist es nicht fünf vor zwölf, sondern eher zwei Sekunden vor zwölf. Die Auerhühner sind vom Aussterben bedroht. Die Population im gesamten Schwarzwald besteht derzeit aus ungefähr 200 bis 230 Vögeln. Für eine überlebensfähige Auerhuhnpopulation braucht‘s aber mindestens 500 Tiere.

    Klar, dass mittlerweile jedes einzelne Tier zählt. Deshalb gibt es einen sogenannten Auerhuhn-Notfallplan im Nationalpark Schwarzwald. Dabei schaut die Nationalparkverwaltung unter anderem, dass das Auerhuhn einen größeren, geeigneten Lebensraum und viel Ruhe bekommt. Mit ein Grund, warum die Grinden erweitert und die angrenzenden Wälder miteinander als Auerhuhnlebensraum vernetzt werden sollen.

    Rothirsch und Auerhuhn

    Alles hängt mit allem zusammen. „Derzeit werden großflächige Maßnahmen zur Lebensraumverbesserung im Nationalpark unternommen“, erklärt Raffael Kratzer, der im Nationalpark für das Monitoring der Auerhühner zuständig ist. „Um den Auerhühnern bei der Balz oder der Aufzucht der Küken Ruhe zu gewähren, sperren wir temporär Bereiche des Parks.“

    Außerdem wird den Rothirschen in einem Gebiet von 100 Hektar um alle bekannten Balzplätze herum mehr Ruhe zur Verfügung gestellt, damit diese sich dorthin zurückziehen und sich auf diesen Flächen sammeln. Die Idee dahinter: Die Rothirsche lassen sich dann an diesen Orten die Pflanzen schmecken und reduzieren dadurch deren Wuchshöhe. Durch das Kleinhalten der Pflanzen, durch zusätzliche Liegestellen und durch den Vertritt, also das Platttreten, schaffen Rothirsche genau die Flächen, die den empfindlichen Auerhühnern sehr entgegen kommen: Ökologisch wertvolle, heterogene Strukturen mit lichteren Flächen im Wald. 

    Auf den Wegen für das Auerhuhn  

    Aber auch wir Besucherinnen und Besucher des Nationalparks können unseren Teil zum Schutz des Auerhuhns beitragen. Banal eigentlich: Wir müssen nichts weiter tun, als auf den ausgewiesenen Wegen zu bleiben. Das ist manchmal schwer einzusehen, ich weiß. Auch ich liebe es, querfeldein zu gehen. Im Winter mit Schneeschuhen oder Langlaufskiern, im Sommer wandernd oder mit dem Rad. Aber genau das macht das Auerhuhn fertig. Denn um zu überleben, müssen die Tiere im Winter möglichst viel Energie sparen. Das klappt, solange sie sich kaum bewegen. Wenn ich mit ein paar Freundinnen plaudernd auf Schneeschuhen daherkomme – vielleicht auf gesperrten Wegen, weil es da so reizvoll aussieht – tja, dann hauen die Auerhühner ab. Dadurch verbrauchen sie viel Energie, sind geschwächt und können sterben. Ohne es zu merken und ohne es zu wollen, unterstütze ich dadurch das Aussterben. Das will ich natürlich nicht.

    Nicht ins Rendezvous platzen

    Auch im Frühjahr stören wir die Auerhühner, wenn wir uns abseits der Wege aufhalten. Etwa, wenn der Auerhahn sich ins Zeug legt, sein Kalöppkalöpp-kalöppöppöpp trällert und seinen Balztanz beginnt. Dann möchte er natürlich mit seiner Angebeteten allein sein, ohne Spanner, wie Mountainbiker, die querfeldein fahren und mitten ins Rendezvous platzen. Das nervt den Auerhahn so sehr, dass sein Balzritual ein abruptes Ende findet. Ohne Balztanz aber auch keine Fortpflanzung. Und selbst wenn das Rendezvous erfolgreich war, ist auch die Aufzuchtzeit der Küken weiterhin sensibel. Denn die kleinen Auerhühner müssen ebenfalls ungestört fressen können, um kräftig genug zu werden, damit es weitergehen kann mit dem Auerhuhn im Schwarzwald.

    Zum Wohl der Vögel

    Wenn wir also nicht wollen, dass die Auerhühner im Schwarzwald bald nur noch auf Gaststättenschildern existieren, dann sollten wir auf den ausgewiesenen, zugänglichen Wegen bleiben und abgesperrte Wege meiden. Denn die Sperrungen werden nicht gemacht, um uns Besucherinnen und Besucher zu schikanieren. Die Sperrungen dienen dem Überleben der Auerhennen und Auerhähne. Macht mit und respektiert die Ruhebereiche der Wildtiere!

    4 Kommentare

    08.02.2023 um 10:26 Uhr von Gast:

    Auerhühner
    Liebe Frau Iris Lemanczyk, danke für den wunderbaren Artikel, er ist so schön geschrieben, dass es mir Lust macht, einmal in den Schwarzwald in den Nationalpark zu kommen. Gibt es Führungen zum Thema Auerhühner? Das wäre bestimmt auch eine sehr schöne Kindergeschichte! Danke noch einmal, beste Grüße, Thomas J. Hauck
    Antworten

    08.02.2023 um 14:39 Uhr von Pressestelle Nationalpark Schwarzwald:

    Thema Auerhuhn
    Lieber Herr Hauck, vielen Dank für Ihre Frage und Ihre positive Rückmeldung zum Artikel! Leider haben wir in diesem Jahr keine spezielle Führung oder Vortrag zum Auerhuhn. Aber natürlich können Sie auf allen unseren Rangerführungen Ihre Fragen zum Auerhuhn loswerden. Schauen Sie gerne mal in unser Jahresprogramm, das Sie hier auf der Webseite im Menü finden unter 'Erleben' --> 'Veranstaltungskalender'. Vielleicht finden Sie ja andere spannende Themen, zu denen Sie mehr wissen möchten. Viele Grüße, Franziska Lemoine, Pressestelle Nationalpark Schwarzwald

    05.03.2023 um 17:55 Uhr von Gast:

    Können die
    Liebe Frau Lemanczyk, vielen Dank für die vielen Infos und den schönen Text. Es sind wirklich wunderschöne Tiere und ich würde gerne mal einem beim Wandern begegnen. Was mir nicht ganz klar ist - können sie jetzt fliegen, oder nicht? Oder sind sie einfach nur schlechte Kurzstreckenflieger? Vielen Dank und herzliche Grüße Petra Hornberger
    Antworten

    28.03.2023 um 17:53 Uhr von Ingrid:

    Ein Herz für Auerhühner
    Sehr schöner Beitrag und super, dass ihr für das Thema sensibilisiert. Viele Querfeldeingänger und -radler sind sich sicher nicht bewusst, welchen Schaden sie anrichten können.
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    Iris Lemanczyk

    Bloggt im Auftrag der Nationalparkverwaltung aus dem Nationalpark Schwarzwald.

     

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