Eine Forscherin blickt durch ein auf einem Stativ montiertes Fernglas.

Naturwissenschaftlich

Was macht der Wald, wenn er darf, wie er will?

Eine der wichtigsten Forschungs-Aufgaben im Nationalpark ist es, genau zu beobachten, wie sich die Wälder und ihre Lebensräume verändern. Schneebruch und Stürme, trockene Perioden und Insekten tragen dazu bei, dass die ehemals bewirtschafteten Waldflächen nach und nach ihr Gesicht deutlich verändern. Die Forscherinnen und Forscher sprechen hier vom sogenannten Mosaik-Zyklus. Das Mosaik unterschiedlichster Waldstrukturen - von Totholz bis zu jungen, wildwachsenden Bäumen - bildet die Lebensgrundlage für eine besonders große Vielfalt unterschiedlicher Tier-, Pilz- und Pflanzenarten.

Die Veränderungen werden dabei vom großen Ganzen bis ins kleinste Detail beobachtet. Um zu dokumentieren, wie sich die Landschaft über die Jahre verändert, wo der Wald dichter und wo lichter wird, lässt der Nationalpark beispielsweise regelmäßig Luftbilder machen. In Kooperation mit dem Landesamt für Geoinformation und Landentwicklung, der Forstlichen Versuchsanstalt Freiburg und der Universität Freiburg, Abteilung für Fernerkundung und Landschaftsinformationssysteme werden die Daten anschließend ausgewertet.

Die kleinen Details nehmen die Forscher auf ausgesuchten Probeflächen in den Blick, manchmal auch unters Mikroskop. Sie beobachten beispielsweise, ob, wo und welche Pflanzen und Pilze sich ausbreiten, welche neu dazukommen. In der Fachsprache heißt das Vegetations-Monitoring. Zahlreiche Forschungseinrichtungen untersuchen bereits an ganz unterschiedlichen Stellen und in vielen einzelnen Projekten, wie sich der Wald im Nationalpark entwickelt. Von den Erkenntnissen, die sie gewinnen, können Naturschutz und Forstwirtschaft auch jenseits der Nationalparkgrenzen profitieren. Und sie fließen zurück in die praktische Arbeit des Nationalparkteams - beim Artenschutz oder bei Führungen.

Forschungsschwerpunkte

Der Fokus der naturwissenschaftlichen Forschung des Nationalpark Schwarzwald liegt unter anderem auf folgenden Projekten:

In den Wäldern des Nationalparks leben seltene und bedrohte Arten, die nur in einem Wald überleben können, der schon ein bisschen wilder ist und dadurch ganz unterschiedlich aussieht, mit jungen und sehr alten Bäumen, totem Holz, Baumhöhlen und großen Wurzeltellern. Auf diese gefährdeten Arten - wie zum Beispiel den seltenen Dreizehenspecht oder nachtaktive Eulen wie Raufuß- und Sperlingskauz - achtet der Nationalpark mit seinen Forschungs-Programmen ganz besonders.

Auch seltene Insekten haben die Wissenschaft-Teams im Blick - sie sind häufig auch ein Zeichen dafür, dass der Wald sich schon natürlich entwickelt. In den schon jetzt relativ alten Wäldern wie am Hohen Ochsenkopf und am Wilden See werden in einem Projekt beispielsweise die Käfer erforscht, die speziell auf totem Holz wohnen. So lässt sich untersuchen, wie sich die Artenvielfalt entwickelt, wenn der Wald wilder wird. Auch seltene Pflanzenarten, insbesondere Moose und Farne, sind Teil der Forschung im Nationalpark.

Das Auerhuhn hat im Nordschwarzwald einen besonders hohen kulturhistorischen Stellenwert - es findet sich beispielsweise im Wappen des Landkreises Freudenstadt wieder. Leider ist die Zahl dieser imposanten Großvögel in den letzten Jahrzehnten überall stark zurückgegangen.

Im Nationalpark gibt es einen der größten Bestände des Auerhuhns im Schwarzwald. Die Forscher*innen beobachten genau, wie sich dieser weiterentwickelt, zum Beispiel ob Hennen ausreichend Küken aufziehen, damit die Auerhühner hier langfristig überleben können. Ihre Lebensräume im Nationalpark genau zu untersuchen, ist auch wichtig, um sie in einigen Bereichen schützen zu können.

Im ältesten Wald des Nationalparks am Wilden See ist die Natur schon seit 100 Jahren sich selbst überlassen - was dieses Gebiet für die Wissenschaft besonders interessant macht. Im Rahmen eines Kooperationsprojektes untersuchen Pilz-Expert*innen aus ganz Deutschland bereits seit einigen Jahren, welche Pilz- und Flechtenarten sich in diesem schon etwas wilderen Teil des Schwarzwalds finden lassen. Partner*innen in dem Projekt sind die Arbeitsgruppe Pilze im Naturwissenschaftlichen Verein Karlsruhe, das Staatliche Museum für Naturkunde Karlsruhe, die Universität Greifswald und das Regierungspräsidium Karlsruhe. Die gefundenen Arten werden im Pilzherbarium des Staatlichen Museums für Naturkunde Karlsruhe gesammelt und für weitere Forschungsprojekte bereitgestellt. Höhepunkt der Untersuchungen war bisher die Entdeckung eines echten Urwaldpilzes, der Zitronengelben Tramete.

Weitere Infos zum Pilzprojekt

Eine wichtige Aufgabe des Forscher*innen-Teams im Nationalpark ist es auch, zu verfolgen, wie sich Klima und Böden verändern. Ein Projekt aus diesem Bereich gibt es am Huzenbacher See - in der Fachsprache heißt es: Hydrologisches Langzeitmonitoring. Das bedeutet, dass die Forscher*innen herausfinden möchten, wie sich das Seewasser im Laufe der Jahre verändert: Nimmt der Wasserstand zu oder ab, wird das Wasser salziger oder saurer, kühler oder wärmer? Die Messstationen, die auf alle diese Fragen Antwort geben sollen, wurden bereits 1989 durch den Limnologen H. Thies in Zusammenarbeit mit dem Limnologischen Büro Hoehn aus Freiburg eingerichtet - das derzeit die Stationen auch betreut - und 2015 vom Nationalpark erneuert. Die Auswertung aller Wasserdaten kann auch helfen herauszufinden, wie sich Veränderungen von Wald und Klima auf das Wasser auswirken und was das wiederum für Pflanzen und Pilze im Nationalpark bedeutet.

Im Großteil des Nationalparks soll die Natur ja langfristig ganz sich selbst überlassen sein, ohne dass der Mensch eingreift. Einige Bereiche, vor allem am Rand des Nationalparks, sind davon allerdings ausgenommen. Hierzu zählen auch die Hochweiden, die Grinden, die jahrhundertelang mit Rindern und Ziegen beweidet wurden. So hat sich hier eine offene Heidelandschaft entwickelt, an die sich wiederum bestimmte Arten, wie Alpine Gebirgsschrecke, Kreuzotter oder Wiesenpieper, angepasst haben. Würde der Mensch diese Flächen nicht weiter pflegen, ginge auch dieser besondere Lebensraum für die Tiere verloren. Der Nationalpark hat es sich deshalb zum Ziel gemacht, die Grinden entlang der Schwarzwaldhochstraße langfristig zu erhalten. Sie werden weiter mit Rindern, Ziegen und Schafen beweidet; hin und wieder müssen auch Bäume gefällt werden, damit die Heiden nicht zuwachsen. Die Entwicklung der Flächen und ihrer Lebensgemeinschaften wird von den Forscher*innen langfristig beobachtet.

Information zu laufenden und abgeschlossenen Forschungsvorhaben finden sich auf dem gemeinsamen Forschungsserver der Nationalparke Hunsrück-Hochwald, Hainich und Schwarzwald.

Kontakt

Ansprechpartner "Naturwissenschaftliche Forschung":

Sie interessieren sich für ein bestimmtes Forschungsprojekt und möchten gerne direkt Kontakt mit unseren Fachleuten im Nationalpark aufnehmen? Gerne können Sie unser Team kontaktieren:

Dr. Marc Förschler
Leiter Fachbereich
Faunistische Forschung und Artenschutz
Tel.: +49 7442 18018 200
marc.foerschler[at]nlp.bwl.de
Marc Förschler on ResearchGate

 

Sönke Birk
Stellvertretender Leiter Fachbereich 2
Geodatenmanagement
Tel.: +49 7442 18018 260
soenke.birk[at]nlp.bwl.de
Sönke Birk on ResearchGate

 

Friedrich Burghardt
Stellvertretender Leiter Fachbereich 5
Schalenwild-Forschung
Tel.: + 49 162 269 41 34
friedrich.burghardt[at]nlp.bwl.de
Friedrich Burghardt on ResearchGate

Dr. Jörn Buse
Sachbereichsleiter Invertebraten und Biodiversität
Tel.: +49 7442 18018 230
joern.buse[at]nlp.bwl.de
Jörn Buse on ResearchGate

 

Dr. Christoph Dreiser
Stellvertretender Sachgebietsleiter Umweltmonitoring und Geodatenmanagement
Tel.: +49 7442 18018 261
christoph.dreiser[at]nlp.bwl.de
Christoph Dreiser on ResearchGate

 

Dr. Stefanie Gärtner
Sachbereichsleiterin Prozessschutz und Vegetationsentwicklung
Tel.: +49 7442 18018 220
stefanie.gaertner[at]nlp.bwl.de
Stefanie Gärtner on ResearchGate

 

Dr. Flavius Popa
Sachbereichsleiter Mykologie und Bodenökologie
Tel.: +49 7442 18018 240
flavius.popa[at]nlp.bwl.de
Flavius Popa on ResearchGate

Dr. Torsten Bernauer
Projekt Vegetations-Monitoring
Tel.: +49 7442 18018 221
torsten.bernauer[at]nlp.bwl.de
Torsten Bernauer on ResearchGate

 

Esther del Val Alfaro
Projekt Bioakustisches Monitoring und Georeferenzierung von Altdaten
Tel.: +49 7442 18018 265
esther.delvalalfaro[at]nlp.bwl.de
Ester del Val Alfaro on ResearchGate


Raffael Kratzer
Wildtiermanagement und Wildtierforschung
Tel.: +49 7442 18018 523
raffael.kratzer[at]nlp.bwl.de
Raffael Kratzer on ResearchGate

Art des Monats

Mit der "Art des Monats" möchten wir Ihnen monatlich vorstellen: welche großen oder kleinen, häufigen oder seltenen, außergewöhnlichen oder unscheinbaren Arten im Nationalpark vorkommen.

Weiterlesen

Sozial-
wissenschaftlich

Die Forscher*innen im Nationalpark Schwarzwald interessieren sich nicht nur für die Natur - sondern genauso für den Menschen. Zum Beispiel für die Erwartungen, die Bürger*innen in der Region an den Nationalpark vor ihrer Haustür haben, und dafür, welche Gäste aus Deutschland und der ganzen Welt mitbringen.

Weiterlesen

Citizen Science

Citizen Science – Forschung zum Mitmachen. Melden Sie uns Ihre Naturbeobachtungen über unsere Phänowatch-App! Aus vielen Beobachtungen zusammen ergeben sich neue Erkenntnisse.

Weiterlesen

Forschungsblog Nationalpark

Auf dem Laufenden sein: Der Blog zeigt, wie praxisnah, fundiert, tiefgreifend und zukunftsweisend im Nationalpark an interessanten und bedeutenden Themen geforscht wird.

Weiterlesen
Frosch


Neues Leben aus totem Holz

 

Die Totholzstrukturen der unbewirtschafteten Wälder des Nationalpark Schwarzwald sind ein Paradies für Insekten und Käfer. Allein im Bannwald Hoher Ochsenkopf konnten 2016 insgesamt 206 holzbewohnende Käferarten nachgewiesen werden.