Wo die Pferdchen weiden

27.11.2024 von Iris Lemanczyk, Nina Blazon in Kategorie : Blog
  • Die Koniks, die den ganzen Sommer über im Nationalpark zu bewundern sind, machen jetzt Winterpause im Tal. Bevor sie abgetrieben wurden, konnte ich aber noch einen Tag mit ihnen verbringen und sie ein bisschen besser kennenlernen:

    Barbara, Robbi und Loki schnuppern und knabbern neugierig an der gelben Jacke von Fotografin Nina. Brunhilde, genannt Brünchen, wird auch immer mutiger. Nur die Leitstute Helinga hält Abstand, behält aber die Herde im Blick. Wir stehen mitten in den Grinden, also den Bergheiden. Um uns herum Konik-Stuten und -Wallache, fünf oder sechs von insgesamt 17 Pferdchen. Konik heißt nämlich auf Polnisch Pferdchen.

     

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    Wir sind zusammen mit Thomas Gamio unterwegs, der sich im Nationalpark um Weidetiere und die Weiden kümmert. 

     

    Die Koniks halten die Grinden frei

    Nachdem die Koniks ihre erste Neugier befriedigt haben, machen sie das, wozu sie im Nationalpark sind: fressen. Durch ihren Appetit halten sie die Grinden frei. Denn die bereits im Mittelalter angelegten Bergheiden werden seit Anfang des 20. Jahrhunderts nicht mehr landwirtschaftlich genutzt und drohen zuzuwachsen. Dabei waren die Weiden doch typisch für den Nordschwarzwald im Bereich von Hornisgrinde, Schliffkopf und Kniebis.

     

    Angefangen hat die Beweidung mit den Koniks durch eine Versuchsbeweidung im Naturschutzgebiet  „Wilde Weide“ Taubergießen. Seit diesem positiven Versuch hat sich der Zoo Karlsruhe, der ein Pate des Nationalparks ist, an dem Projekt beteiligt. Der Karlsruher Zoo ist der offizieller Tierbesitzer, der Nationalpark hingegen Tierhalter und kümmert sich vor Ort um die Koniks. Schnell wurden aus zwei Pferdchen drei, mittlerweile sind es zwei Herden. Eine am Zollstock, eine in der Nähe des Schliffkopfs.

     

    Die Pferdchen sind erstaunlich groß. Sie bringen es auf ein Stockmaß, also bis zu ihren Schultern, von 130 bis 140 Zentimeter. Ursprünglich kommen sie aus Polen und haben Gene der letzten echten Wildpferde. Die Koniks sind grau gefärbt, mit schwarzer Mähne und dunklen Fesseln. Sie sind genügsam, sehr geländesicher und robust, weshalb sie seit vielen Jahren in oft ganzjährig angelegten Beweidungsprojekten für die Naturschutzarbeit eingesetzt werden. Und sie sind nicht die Einzigen, die im Nationalpark weiden. „Wir setzen auch zehn Hinterwälder Rinder und etwa dreissig Heckrinder ein, außerdem weiden Schafe und einige wenige Ziegen auf den Grinden“, erklärt Thomas Gamio.

     

    Unterschiedliches Fressverhalten

    Egal ob Koniks, Rinder oder Schafe, alle koten oder äppeln. Pferde haben ein anderes Fressverhalten als Rinder, sie alle fressen Unterschiedliches. Seit die verschiedenen Arten auf den Grinden weiden, haben die Dungkäferpopulation und auch die Artenvielfalt zugenommen. Nicht nur die Insektenfauna von kurzrasigen Standorten profitiert von der Konikbeweidung, sondern auch Vogelarten wie Neuntöter und Wendehals konnten häufiger beobachtet werden. Denn alles ist ein Kreislauf: Die Dungkäfer sind Futter für Vögel, außerdem sorgen sie dafür, dass die tierischen Hinterlassenschaften abgebaut werden und Pflanzensamen besser keimen können.

     

     

    Die Koniks sind enorme Sympathieträger, die von Besucherinnen und Besuchern genau beobachtet werden. Da kann es schon mal vorkommen, dass Thomas Gamio sonntags einen Anruf erhält, es gebe ein totes Fohlen. „Ich kann mir schon denken, dass das Fohlen nur schläft, aber ich muss der Sache trotzdem nachgehen.“ Also macht er sich auf zum Schliffkopf – bisher haben die Fohlen immer geschlafen.

     

    Winterquartier bei Offenburg

    Den Winter verbringen die Koniks übrigens in der Nähe von Offenburg. „Die Tiere würden auch den Schnee auf den Grinden überstehen“, sagt Gamio. „Aber wir können die Weiden dann oft nicht anfahren.“

     

    Thomas Gamio ist eigentlich Forstwirt. Irgendwann sagte sein Fachbereichschef: „Du hast doch Schafe daheim, dann kümmerst du dich nun um die Hinterwälder-Rinder.“ Die Schafe sind mittlerweile Wollschweinen und Hühnern gewichen, aber es kann schon mal vorkommen, dass ein krankes Konik daheim bei Gamio wieder aufgepäppelt wird. Natürlich in Zusammenarbeit mit der Tierärztin.

     

    Zwar muss Gamio nun manchmal auch im Urlaub oder an Wochenenden zu den Koniks - siehe "totes Fohlen". Aber man spürt, dass er Barbara, Robbi, Brünchen und die anderen nicht mehr gegen die reine Forstwirtschaft eintauschen mag.

     

    4 Kommentare

    27.11.2024 um 17:32 Uhr von Gast:

    Schöne Tierchen, die da äpfeln!
    Wieder ein herzerfrischender Bericht von Iris Lemanczyk, der uns diese übrigens sehr schönen Pferdchen ... ähm ... Koniks nah bringt! Vielen Dank!
    Antworten

    27.11.2024 um 18:22 Uhr von I.Wolters:

    Zugpferde für weitere Touristen
    Super, dass es jetzt auch Koniks im Nationalpark gibt, das wusste ich bislang nicht. Damit kommen bestimmt noch mehr Naturliebhaber! Ich vermute mal, dass die Koniks eingezäunt werden?
    Antworten

    28.11.2024 um 12:26 Uhr von Pressestelle Nationalpark Schwarzwald:

    Re: Zugpferde für weitere Touristen
    Hallo Herr Wolters, das haben Sie richtig geschlussfolgert, die Weide der Koniks ist umzäunt. Inzwischen sind sie allerdings bereits in ihr Winterquartier umgezogen. Die Tiere unterstützen uns bereits seit 2020 bei der Freihaltung der Grinden (siehe: https://www.nationalpark-schwarzwald.de/nationalpark/blog/2020/pms-news/neue-bewohner-koniks-halten-grinden-frei). Viele Grüße aus dem Nationalpark!

    11.12.2024 um 17:43 Uhr von Gast:

    Hinterwälder Rinderrasse
    Liebe Blogerinnen, ein informativer Bericht ist Ihnen da gelungen über die Bedeutung von Weidetieren auf den Grinden des Schwarzwalds, danke! Nur damit es nicht nochmal vorkommt, es war wohl nur ein Schreibfehler: "Hinterwälder" heißt die an die Hochlagen angepasste Rinderrasse, "Hinterwäldler" ist etwas Anderes und das hätten diese besonderen Tiere nicht verdient.
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    Iris Lemanczyk

    Bloggt im Auftrag der Nationalparkverwaltung aus dem Nationalpark Schwarzwald.

     

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    Arbeitet mit Bloggerin Iris im Team und macht die Bilder und Videos für ihre Blogbeiträge.