Vizechefin und Flechtenliebhaberin

13.03.2023 von Iris Lemanczyk in Kategorie : Blog
  • Mit dem Nationalpark verflochten: Britta Böhr ist Vizechefin und Flechtenliebhaberin

    Sie ist die stellvertretende Chefin des Nationalparks und leitet gleichzeitig noch den Fachbereich „Nationalparkplanung, regionale Entwicklung und Tourismus“. Respektabel, was sie alles unter einen Hut bringen muss. Während ich noch über ihren Aufgabenberg sinniere, vervollständigt Dr. Britta Böhr schon den Satz:

    Wald ist für mich…

    … Zufluchtsort, Entspannung und alle Facetten von Grün.

    Frau Böhr, wie wird man Vizechefin vom Nationalpark?

    (lacht) Ich habe den Nationalpark von Anfang an begleitet, war und bin Fachbereichsleiterin. 2019 ging ich für zwei Jahre ans Umweltministerium. Als ich 2021 zurückkam, hatte Wolfgang Schlund (einer der zwei bisherigen Leiter) gerade entschieden, sich ins Private zurückzuziehen und ich habe entschieden, mich auf die Position der stellvertretenden Leitung zu bewerben. Ich war mir der Verantwortung bewusst und gleichzeitig ist es eine große Chance, so noch mehr gestalten zu können Das große Ganze im Blick zu haben, und auch die Widersprüche – und den Nationalpark mit unserem tollen Team weiterzuentwickeln. 

    Sie kommen aus der Pfalz… eigentlich aus Rheinhessen, korrigiert sie schmunzelnd…

    Sind Sie Land- oder Stadtkind und waren Sie schon als Kind gerne draußen?

    Eindeutig Landkind, ich komme aus einer Weingegend. Hinter unserem Garten fing der Wingert an. Als Kind war ich viel draußen, bin gerne gewandert, war auf Hüttentouren und auch oft im Schwarzwald unterwegs.

    Wie kann man Kinder und Jugendliche heute für den Wald begeistern? Sie haben selbst zwei Töchter im Grundschulalter, wie ist’s bei denen?

    Kinder brauchen Freiräume. Ich nehme meine Töchter mit in den Wald. Sie haben dort Zeit für eigene Entdeckungen. Gleichzeitig weise ich sie auf das ein oder andere Interessante hin. Mit unserer Großen habe ich schon viele Wanderungen gemacht. Sie ist ein richtiges Waldkind, die Jüngere auch immer mehr.

    Sie sind Biologin, kommen von der Tropenökologie, waren in Panama, Brasilien, haben in Lissabon über Flechten promoviert. Wieso ist es jetzt der Schwarzwald geworden?

    Panama, da war ich während des Studiums und auch für meine Diplomarbeit. In Brasilien hatte ich ein Stipendium und in Lissabon war ich über Jahre immer wieder für drei, vier Monate am Stück und dann wieder ein paar Monate in Deutschland. Sprich, ich war sehr viel unterwegs. Irgendwann wollte ich wieder mehr Beständigkeit Zwar wäre ich auch gerne in der Wissenschaft geblieben, aber ich wollte mich auch für den praktischen Naturschutz einsetzen und mehr in die Gesellschaft wirken. Wege finden, wie die Belange der Natur und die der Menschen zusammengebracht werden können und so Raum entsteht, in dem sich die Natur freier entfalten kann. Nach einer Station bei der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg bin ich so ins Gründungsteam des Nationalparks gekommen. Die Leidenschaft zu den Flechten ist mir aber aus der Forscherinnenzeit geblieben – sie waren mein Schwerpunktthema. 

    Was ist für Sie das Tolle am Nationalpark?

    Hier lassen wir der Natur ihren Raum. Es ist gut, dass wir uns das als Gesellschaft leisten können, die Natur – trotz all unserer Probleme – wenigstens auf dieser vergleichsweise kleinen Fläche in Ruhe zu lassen. Ich würde gerne in 200, 300 Jahren schauen können, was bis dahin im Nationalpark passiert ist. Gleichzeitig herrscht ein ständiger Spagat zwischen Natur-sich-selbst-überlassen und sie für Menschen erlebbar zu machen, die Menschen für diese besondere Natur zu begeistern. Das ist auch wichtig für die Nachhaltigkeit dieses Naturschutzprojekts.

    Was sind für Sie die großen Aufgaben der nächsten Zeit?

    Wir müssen den Nationalpark noch mehr in die Region einbinden. Wir legen schon sehr viel Wert auf intensive Beteiligungsarbeit. Was es noch braucht, ist noch mehr Energie in die konkrete Zusammenarbeit und den Austausch mit den Menschen hier vor Ort zu setzen. Auch die Besucherlenkung spielt eine große Rolle und das Risikomanagement wird zunehmen. Damit sind etwa Borkenkäfer, Waldbrände oder Hochwasser gemeint.

    Gesellschaftlich liegt mir auch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf am Herzen. Da muss auf allen Ebenen mehr passieren, um Familie und Beruf gut unter einen Hut zu bringen und beidem gerecht werden zu können.

    Im Nationalpark steigen die Besucherzahlen. Fluch oder Segen?

    Auf der einen Seite sind wir sehr froh, dass die Natur begeistert. Wir versuchen über unser Jahresprogramm, unsere Highlights und (Erlebnis-)Pfade attraktive Angebote für die Besucherinnen und Besucher zu schaffen und gleichzeitig Ruhebereiche für die Tiere auch wirklich ruhig zu halten. Wenn mehr Gäste kommen, dann können wir auch mehr Menschen die wilder werdende Natur und die Idee des Nationalparks näherbringen. Aber es sind dann halt auch mehr Leute im Nationalpark unterwegs. Es ist also eine Frage der Perspektive.

    Sind Sie selbst als Wanderin im Nationalpark unterwegs?

    Aus Zeitgründen leider zu selten. Zum Glück fordern das meine Töchter mittlerweile ein. Wir entdecken immer noch Neues.

    Gibt’s eine Lieblingstour?

    Ich mag die Runde um den Hohen Ochsenkopf sehr. Oder den Seensteig von Baiersbronn aus.

    ZUR PERSON

    Dr. Britta Böhr kommt aus Rheinhessen. Sie hat Biologie, Schwerpunkt Tropenökologie studiert und über die „Ökophysiologie von Flechten“ promoviert.

    Sie arbeitete in Freiburg an der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg, koordinierte die Entwicklung des strategischen Nachhaltigkeitsmanagements, später die Entwicklung der Waldnaturschutzkonzeption der Landesforstverwaltung. Beim Nationalpark ist sie Leiterin des Fachbereichs Nationalparkplanung, regionale Entwicklung und Tourismus. Seit 2021 ist sie stellvertretende Leiterin des Nationalparks. Britta Böhr lebt mit Mann und ihren zwei Töchtern im Kinzigtal.

    1 Kommentar

    28.03.2023 um 18:04 Uhr von Gast:

    Immer spannend...
    die Menschen hinter den Kulissen kennenzulernen. LG
    Antworten

    Hinterlasse uns einen Kommentar:

    Verbleibende Zeichen: 600

    Zurück

    Zur Person

    Iris Lemanczyk

    Bloggt im Auftrag der Nationalparkverwaltung aus dem Nationalpark Schwarzwald.

     

    Fragen zum Thema?

    Nationalpark-Pressestelle

    Tel.: +49 7449 92998-14
    pressestelle@nlp.bwl.de