Aromastoffe im seltenen Nadelholz-Schwefelporling

24.08.2023 von Dr. Flavius Popa in Kategorie : Nationalparkforschung
  • Bildung von natürlichem, fleischähnlichem Aroma durch den Nadelholz-Schwefelporling (Laetiporus montanus)

    Biodiversität hat verschiedene Ebenen. Neben den Lebensräumen und Arten umfasst sie auch die genetische Vielfalt. Durch den Schutz natürlicher Prozesse erhalten Arten, die z.B. auf Totholz, alte Bäume oder die Kontinuität der Standortbedingungen angewiesen sind, wieder einen Lebensraum. Diese in unserer Landschaft selten gewordenen Arten besitzen eine Diversität an Genen und damit verbundene Anpassungen an die Umwelt. Der Verlust von Lebensräumen führt unweigerlich auch zu einem Verlust der dort vorkommenden und angepassten Arten mit ihren besonderen ökologischen Funktionen und Fähigkeiten.

    Bis heute wurden verhältnismäßig wenige Arten auf ihre Inhaltsstoffe untersucht. Gerade bei Pilzen sind diese oft besonders spannend. Die Inhaltsstoffe boten früher bis in die Gegenwart wichtige Lösungen, wie zum Beispiel das Antibiotika. Auch in der Zukunft werden sie diese wichtige Rolle nicht verlieren. Schon lange ist die Wirtschaft abhängig von der Artenvielfalt. Der Beitrag der Pilze zum Weltmarkt durch Pilzdienstleistungen und -produkte wird auf 55 Billionen US Dollar geschätzt (Niego et al. 2023). Um auch diese wichtige Ebene der Biodiversität zu beleuchten und seltene Arten zu schützen, arbeiten wir in Kooperation mit der Arbeitsgruppe Lebensmittelchemie von Prof. Dr. Zorn der Universität Gießen.

    Der Nadelholz-Schwefelporling (Laetiporus montanus) ist die Schwesterart des häufigen Schwefelporlings (L. sulphureus). Die beiden Arten lassen sich nur genetisch bzw. ökologisch unterscheiden. Der Schwefelporling (L. sulphureus) wächst auf Laubholz, selten auch an Lärche, während der Nadelholz-Schwefelporling ausschließlich an Fichte vorkommt (Tomšovský & Jankovský 2008). Die Arten dieser Gattung sind Braunfäulepilze, zersetzen also die Zellulose, sodass Lignin übrigbleibt. Der Fund des Nadelholz-Schwefelporlings (Laetiporus montanus) vom Wilden See stellt den ersten, gesicherten Nachweis der Art für Baden-Württemberg dar. Dieser wurde für weitere Untersuchungen kultiviert.

    Welche Aromastoffe und warum ist das so interessant?

    Die industrielle Nachfrage nach Fleischalternativen wächst stetig. Viele Lebensmittelhersteller konzentrieren sich bei der Herstellung von Fleischersatzprodukten auf die Grundlage von z. B. pflanzlichen Proteinquellen. Neben dem Aussehen und der Textur ist das Aroma dieser Lebensmittel von großer Bedeutung. Zusätzlich gibt eine klare Präferenz für natürliche Produkte. Gerade Ständerpilze (Basidiomycota) sind mögliche Quellen für natürliche Aromen. Der Schwefelporling ist eine bereits gut untersuchte und bekannte Art für die Herstellung natürlicher, würziger Aromastoffe. Eine noch nicht untersuchte Art für die Herstellung veganer, natürlicher, fleischähnlicher Aromen könnte der Nadelholz-Schwefelporling (Laetiporus montanus) sein. Dazu wurde die Art in einem Flüssigagar kultiviert. Im Extrakt des Nadelholz-Schwefelporlings wurden insgesamt 24 aromawirksame Verbindungen nachgewiesen. Die gebildeten Aromen wurden als "hühnerartig" und "fettig" oder auch als "würzig" und "fleischartig" wahrgenommen.

    Die Untersuchungen führten zur Identifizierung einer Reihe interessanter Aromastoffe wie 5-Butyl-2(5H)-furanon, (E,E) 2,4-Decadienal und (E,Z) 2,4-Decadienal, die zuvor nicht für Kulturen vom Nadelholz-Schwefelporling oder verwandten Arten beschrieben wurden. Die Ergebnisse dieser Untersuchung zeigen, dass die biotechnologische Produktion von Aromastoffen durch den Nadelholz-Schwefelporling das Potential hat, vegetarischen und veganen Fleischalternativen einen natürlichen Fleischgeschmack zu verleihen.

    Aktuell wissen wir von den meisten Pilzarten nicht, warum bestimmte Aromastoffe oder Farbstoffe gebildet werden. Ein erster Schritt für ein ökologisches Verständnis ist der Nachweis dieser Stoffe. Mit diesem Wissen können weitere Fragen besser beantwortet werden. Zum Beispiel: Wie wirken sich die gebildeten Stoffe auf bestimmte Artengruppen aus? Werden bestimmte Insekten dadurch aktiv angelockt und dienen dann als Verbreiter der Sporen? Und mit jedem dazugewonnenen Wissen stellen sich neue spannende Fragen.

    Referenz:

    Niego A G T, Lambert C, Mortimer P et al. (2023) The contribution of fungi to the global economy. Fungal Diversity. https://doi.org/10.1007/s13225-023-00520-9

    Tomšovský M, Jankovský L (2008) Validation and typification of Laetiporus montanus. Mycotaxon 106:289-295.

     

     

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