Was fressen Rothirsche im Nationalpark Schwarzwald?

01.05.2023 von Dr. Jörn Buse, Dr. Flavius Popa in Kategorie : Nationalparkforschung
  • Untersuchung der Losung von Rothirschen gibt Einblick in die Nahrungszusammensetzung

    Der größte wildlebende Pflanzenfresser im heutigen Nordschwarzwald ist der Rothirsch. Seine Rolle beim Verbiss junger Bäume und im Rahmen der Waldentwicklung wird immer wieder kontrovers diskutiert. Dabei ist die Zusammensetzung der Nahrung von Rothirschen schon seit langer Zeit Forschungsgegenstand.

    Rückschlüsse auf die gefressene Nahrung gibt gewöhnlich der Panseninhalt von erlegten Tieren. Diese Untersuchungsmethode ist sehr aufwändig und liefert teilweise ungenaue Ergebnisse, da die makroskopischen Reste oft nur Rückschlüsse auf die Gattung, aber nicht die Pflanzenart erlauben.

    Im Vergleich zum Reh nimmt der Rothirsch mehr schwer verdauliche und rohfaserhaltige Nahrung zu sich. Mit den seit einigen Jahren verfügbaren Methoden des DNA-Metabarcodings rückt nun auch die Untersuchung der Losung aufgrund geringer Kosten und niedrigem Aufwand bei hoher Datenqualität zunehmend in den Fokus. Damit können wertvolle neue Daten zur Nahrungswahl in einem viel größeren Umfang erhoben werden als dies bisher möglich war.

    Wissenschaftler des Nationalparks Schwarzwald haben im Rahmen eines von der Heinz Sielmann-Stiftung geförderten Projektes nun zu dieser Fragestellung mit anderen deutschen Nationalparks kooperiert. Über 130 Pflanzentaxa wurden in den vier Nationalparks in Hirschlosung aus dem Frühjahr nachgewiesen.

    Dabei zeigt sich eine erhebliche Variation über die Gebiete. Im Schwarzwald sind die Proben dominiert von Pflanzenteilen der Heidelbeere (50 Prozent), die eben auch in vielen Wald- und Offenflächen vorkommt. Weitere wichtige Nahrungspflanzen sind die Brennnessel (26 Prozent) und die Knäuel-Binse (elf Prozent).

    Damit wird bestätigt, dass die Hirsche im Gebiet des Nationalparks Schwarzwald sehr gern an Wegrändern und feuchten Gräben fressen. Gehölzreste, also Sträucher und Jungwuchs von Baumarten, waren quantitativ nur mit weniger als fünf Prozent Anteil nachweisbar.

    Für die Diskussion zum Einfluss des Rothirschs auf die Bäume hilft ein Blick auf die in der Losung nachgewiesenen Baumarten und deren Quantität. Insgesamt konnten 20 verschiedene Baumarten nachgewiesen werden, wobei vier Arten in allen Projektgebieten gefunden wurden (Moorbirke, Rotbuche, Fichte und Weidenarten).

    Rotbuche erreichte quantitativ in allen Gebieten die höchsten Werte. Trotzdem gab es regionale Unterschiede. Im Nationalpark Bayerischer Wald wurde besonders häufig Birke und Vogelbeere konsumiert. Im Nationalpark Kellerwald-Edersee wurde neben der besonders häufig nachweisbaren Rotbuche auch Hainbuche gefressen. Eichen und Pappeln sind in den Nationalparks Schwarzwald und Bayerischer Wald aufgrund der Höhenlage der Gebiete wenig vorhanden und wurden entsprechend auch nicht konsumiert. Im Nationalpark Schwarzwald wurden in abnehmender Quantität vor allem Rotbuche, Berg-Ahorn und Fichte konsumiert. Die Losungsproben aus dem Nationalpark Eifel zeigten, dass 12 der 20 insgesamt nachweisbaren Gehölzarten dort auch zum Nahrungsspektrum gehören.

     

    Fazit

    Rothirsche zeigen im Frühjahr und Frühsommer ein regional differenziertes Nahrungsspektrum mit Gräsern und Kräutern als Hauptnahrungspflanzen. Bisher konnten in Europa 145 Nahrungspflanzen des Rothirsches nachgewiesen werden. Unsere Studie konnte das Spektrum um weitere 86 Arten ergänzen.

     

    Referenz

    Popa, F., Förschler, M., Heurich, M., Hoenselaar, G., Gärtner, S., Moriniere, J., Twietmeyer, S., Buse, J. (2023). Einblicke in die Nahrungswahl beim Rothirsch durch DNA-Metabarcoding der Losung. AFZ-Der Wald 10/23: 20-23.

    Kommentare

    Aktuell sind noch keine Kommentare vorhanden.

    Hinterlasse uns einen Kommentar:

    Verbleibende Zeichen: 600

    Zurück

    Zur Person

    Dr. Jörn Buse

    Invertebraten und Biodiversität

    Tel.: +49 7442 18018 230
    joern.buse@nlp.bwl.de

    Dr. Flavius Popa

    Pilzexperte des Nationalpark Schwarzwald

    Tel.: +49 7442 18018 240
    flavius.popa@nlp.bwl.de