Das blaue Wundern

27.05.2024 von Gastbeitrag in Kategorie : Blog
  • Herbst 2023. Beim Ortenauer Landschaftspflegetag wurschtele ich mich durchs Brombeergesträuch unter Gehölzen. Es soll weg, damit auf der naturschutzfachlich wertvollen Fläche wieder Streuobst und seltene Arten Platz haben. Ich ziehe einen Zweig ans graue Tageslicht. Er leuchtet indigoblau. Wunderschön! Ich wundere mich wirklich. Noch nie gesehen, sowas. Die sofort zu Rate gezogene App ObsIdentify sagt zum hochgeladenen Foto: Blauer Rindenpilz (Terana caerulea). Sehr selten. Wie aufregend! Schnell weiter mit dem Bild an interessierte Freundinnen und zu Instagram.

    Ein spannender Fund: Blauer Rindenpilz auf einem Ast aus dem Brombeergesträuch.

    Kaum zu Hause, meldet sich Flavius Popa, der Pilzspezialist des Nationalparks Schwarzwald, auf Instagram: „Super spannender Fund!“ Ich bin stolz. Ärgere mich aber, keinen blauen Ast mitgenommen zu haben: Um der seltenen Art gerecht zu werden, warf ich alle Fundstücke in eine Brombeer-Ecke, die bleiben durfte. Teilte es dem Pächter des Grundstücks mit, der scherzte: „Und, wie sollen wir den Pilz füttern?“ Mit Nähr- und Mineralstoffen auf einer Agar-Agar-Platte vielleicht? Darauf hätte Flavius nämlich gerne Sporen des Blauen Rindenpilzes gegeben, in der Hoffnung, der Pilz möge wachsen – zum Weiterschicken nach Gießen ans Institut für Lebensmittelchemie und Lebensmittelbiotechnologie. Dort beschäftigt sich das Team um Professor Holger Zorn mit natürlichen Aroma- und Farbstoffen. Wer weiß, was das Blau Spannendes zu bieten hat? Die Basis für neue Antibiotika oder Krebstherapien vielleicht, wie ein wissenschaftliches Team in Spanien schon einmal angetestet hatte?

    Nun ja. Ohne Ast war es mit meinem potenziellen Minibeitrag zur Forschung Essig. Bis sich wenig später eine Freundin meldete. Beim Umschichten von Kaminholz hatte sie ein Stück in Blau gefunden. Sagte, dank mir wüsste sie, dass es sich um den Blauen Rindenpilz handele – und transportierte den Scheit ins Nationalparkzentrum.

    Ein Stück in blau - der blaue Rindenpilz auf dem Kaminholzscheit.

    Flavius’ Wachstumsversuch auf der Agarplatte gelang. Nun lebt der kultivierte Rindenpilz in Gießen, bis er für die Forschung gebraucht wird. Mein blaues Wundern. Ich bin so stolz!

    Wanderführerin Silke Kluth bei der Arbeit.


    Einen herzlichen Dank an Silke Kluth, die diesen Gastbeitrag verfasste.

    Silke Kluth ist zertifizierte Wander- und Naturführerin im Schwarzwaldverein sowie Mitglied im Freundeskreis Nationalpark Schwarzwald.

    Kommentare

    Aktuell sind noch keine Kommentare vorhanden.

    Hinterlasse uns einen Kommentar:

    Verbleibende Zeichen: 600

    Zurück

    Zur Person

    Gastbeitrag

    Gastbeiträge sind Beiträge von externen Dritten, die dem Nationalpark Schwarzwald nicht als Mitarbeiterin oder Mitarbeiter angehören. Die Gastbeiträge stellen nicht zwangsläufig die Meinung der Nationalparkverwaltung dar. Die externen Dritten sind für die Inhalte ihrer Beiträge (Text, Bilder, Videos, Links etc.) selbst verantwortlich.