Wurzelbesiedelnde Pilze in Heidelebensräumen

05.04.2024 von Dr. Flavius Popa in Kategorie : Nationalparkforschung
  • Die lange vom Menschen genutzten Bergweideflächen haben sich über die Zeit zu Bergheiden entwickelt. Diese werden im Nordschwarzwald auch als Grinden bezeichnet. Wie typisch für Heidelebensräume sind auch die Grinden ein durch Nährstoffarmut und stark saure Böden geprägter Lebensraum. Daher müssen die Pflanzenarten, die hier vorkommen, auf diese besonderen Standortbedingungen angepasst sein. Heidegewächse und verschiedene Gräser prägen diese Pflanzenwelt. In ihren Wurzeln befinden sich bestimmte Pilzsymbiosen (Mykorrhiza), die ihnen das Überleben unter diesen Bedingungen ermöglichen.

    Die Wurzeln dieser Pflanzen sind bedeutende Lebensräume für eine Vielzahl an Pilzarten. Diese wiederum sind wichtig für die Produktivität, den Nährstoffkreislauf und die Bodenbildung. Die Wurzeln und Boden besiedelnden Pilze mineralisieren die organische Bodensubstanz. Sie speichern Bodennährstoffe, verteilen Nährstoffe über Mykorrhiza-Netzwerke zwischen verschiedenen Pflanzen und machen Nährstoffe für Pflanzen verfügbar. Einige Pilze fungieren jedoch auch als Parasiten und Krankheitserreger, die eine wichtige Rolle bei der Kontrolle der Pflanzenvielfalt und -produktivität spielen.

    Dr. Jose Maria-Vicenté fragte sich, wie Umweltbedingungen, geografische Entfernung und Pflanzenwirtsidentität die Artengemeinschaften von wurzelbesiedelnden Pilzen beeinflussen. Dabei konzentrierte er sich auf Heide- und Graslandschaften entlang eines Gradienten in Westeuropa von Spanien bis Finnland. Hierbei wurden zwei Schutzgebiete in Spanien, ein Gebiet in den Niederlanden, die Grinden im Nationalpark Schwarzwald sowie Flächen im Nationalpark Fulufjället in Schweden untersucht. Die Studie wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert (DFG).

    Heidestandorte haben sehr ähnliche Bedingungen, wie beispielsweise eine begrenzte Nährstoffverfügbarkeit und die vorkommenden Pflanzengruppen. Dabei kommen häufig Heidegewächse vor, wie zum Beispiel die Heidelbeere oder die Besenheide. Diese besitzen eine eigene Mykorrhiza mit speziellen Symbiosepilzen, die sogenannte Ericoide-Mykorrhiza. Grasdominierte Lebensräume hingegen weisen meist ein breiteres Spektrum an unterschiedlichen Bedingungen auf. Die meisten Gräser und Kräuter bilden ebenfalls eine spezielle Symbiose mit Pilzen aus. Hier spricht man jedoch von der sogenannten Arbuskulären-Mykorrhiza.

    Für die Studie wurden von jedem heide- sowie grasdominierten Standort die Wurzeln einer dort vorkommenden typischen Heidegewächsart und einer typischen Grasart untersucht sowie der umgebende Boden. Die Bestimmung der darin enthaltenen Pilze wurde genetisch durchgeführt.

    Untersuchungsfläche auf dem Schliffkopf

    Dr. Jose Maria-Vicenté konnte zeigen, dass die Artengemeinschaften sehr standortspezifisch sind. Sowohl in den Heidegewächsen als auch in den Gräsern finden sich Arten aus unterschiedlichsten Pilzverwandschaften. Anhand der Daten konnte er zeigen, dass standortspezifische Arten aus weitverbreiteten Pilzverwandtschaften vorkamen, die vermutlich lokal an die jeweiligen Standorte angepasst sind. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass verwandtschaftlich weit voneinander entfernte Pilzgruppen unabhängig von ihrer Umwelt eine wurzelbesiedelnde Lebensweise entwickelt haben. Andere Studien zeigen ähnliche Ergebnisse für boden- und wurzelbesiedelnde Pilze.

    Die Artenzusammensetzung an einem bestimmten Ort wird durch das Zusammenspiel ökologischer Prozesse auf verschiedenen räumlichen Größenskalen erklärt. Dabei sind geografische Barrieren, der Entwicklungszyklus der Arten und das Klima die wichtigsten Faktoren für eine eingeschränkte Ausbreitung auf großer Skala. Dagegen gewinnen lokale Umweltbedingungen, Nischenbildung und Konkurrenz auf kleineren Skalen an Bedeutung: Mehr als die Hälfte der standortspezifischen Artnachweise wurde nur in einzelnen Pflanzenexemplaren gefunden.

    Dies deutet darauf hin, dass lokale Prozesse die Ausbreitung von Pilzen auf benachbarte Pflanzen einschränken und gleichzeitig zu einer höheren Diversität auf größerer Skala führen. Dieses sehr lokale Vorkommen ist für die Hochrechnung des weltweiten Pilzreichtums, die Vorhersage des Artenschwunds im Zusammenhang mit Lebensraumverschlechterung und globalem Wandel und das Verständnis der Rolle von Pilzen in Ökosystemen von entscheidender Bedeutung.

    Referenzen:

    Macia-Vicente J, Popa F (2021) Local endemism and ecological generalism in the assembly of root‐colonizing fungi. Ecological Monographs. 92. 10.1002/ecm.1489.

    esajournals.onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1002/ecm.1489

    www.researchgate.net/publication/355178036_Local_endemism_and_ecological_generalism_in_the_assembly_of_root-colonizing_fungi

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