Wie kann der Schutz von Biodiversität durch Schutzgebiete besser gelingen?
Das Forschungsprojekt FIDELIO (Forcasting Social Impacts of Biodiversity Conservation Policies in Europe) beschäftigte sich von 2019 bis 2024 mit dem Blick der Menschen auf Schutzgebiete in Europa. Die Forschenden aus Großbritannien (University of Warwick, UK) führten dafür in 20 Schutzgebieten in ganz Europa zahlreiche Befragungen durch. Über 6.500 Personen haben an dem Projekt teilgenommen!
Dabei widmeten sie sich folgenden Themen:
- Welche Auswirkungen haben Schutzgebiete auf die umliegende Region?
- Welcher Nutzen und welche Kosten werden mit dem Schutzgebiet in Verbindung gebracht?
- Welche generellen Überzeugungen und Sichtweisen können die Wahrnehmung von Schutzgebieten erklären?
- Welches Vertrauen bringt die Bevölkerung Institutionen wie der Nationalparkverwaltung entgegen?
- Welchen Einfluss hatte COVID-19?
Sehr wichtig war auch die Frage nach Veränderungen in den Sichtweisen der Menschen. Deswegen standen für das FIDELIO-Team Wiederholungsbefragungen auf dem Programm. Zudem arbeitete FIDELIO an der Entwicklung eines allgemein anwendbaren Instruments, mit dem man den Einfluss eines Schutzgebiets auf die Region messen kann (SOCIAT, Social Capital and Impact Assessment Tool for Protected Areas).
In allen Schutzgebieten wurde ein quantitativer Fragebogen verwendet. Der Nationalpark Schwarzwald ist eins von vier Schutzgebieten, in dem das Forschungsteam qualitative, ausführlichere Daten erhoben hat. Hier wurde der Fragebogen durch halbstrukturierte, persönliche Interviews ergänzt. Sowohl die Fragebogenerhebung als auch die qualitativen Interviews wurden zu einem späteren Zeitpunkt wiederholt. Im Schwarzwald fanden die ersten Befragungen im Jahr 2020 statt. Die quantitative Befragung wurde Ende 2023 wiederholt und die zweite qualitative Befragung fand im Frühjahr 2024 statt.
Welche Ergebnisse wurden erarbeitet?
Die Ergebnisse zeigten, dass für die lokalen Gemeinschaften am wichtigsten war, dass Schutzgebiete Vorteile für die Gesundheit bieten. Auch der positive Einfluss auf die Verbundenheit mit der Natur, auf Erholung und soziale Beziehungen wurden hervorgehoben. Wirtschaftliche Vorteile durch Schutzgebiete wurden als am wenigsten wichtig erachtet.
In allen Fallstudien hängt die Unterstützung des Schutzgebietes davon ab, ob ein persönlicher Nutzen des Gebiets gesehen wird. Im Schwarzwald war dieser Wert im Vergleich zu anderen Schutzgebieten besonders hoch. Auch zeigte sich in vielen Fällen, dass die Verbundenheit mit der Region und das Vertrauen in Institutionen einen starken Einfluss darauf ausüben, ob man das Schutzgebiet unterstützt. Die Ergebnisse zeigten zudem, dass eine positive Haltung dem Schutzgebiet gegenüber wiederum mit einem umweltfreundlicheren Verhalten verknüpft ist.
Durch eine zweite Befragung derselben Personen gibt es spannende Ergebnisse. Sie deuten darauf hin, dass sich die Wahrnehmung von Schutzgebieten im Laufe der Zeit nur sehr langsam verändert.
In Bezug auf den Nationalpark Schwarzwald möchten wir nun ein Ergebnis herausgreifen (Abbildung 1).

Die positivsten Auswirkungen, die die Einrichtung des Nationalparks Schwarzwald für die örtliche Bevölkerung hatte, betrafen das Ansehen der Region, den Umweltschutz, die Naturverbundenheit und die Geschäftsmöglichkeiten im Tourismus. Die negativsten Auswirkungen, die berichtet wurden, betrafen den Verkehr und die Überfüllung an beliebten Orten sowie den Verlust persönlicher Freiheiten und die potentiell höher werdenden Lebenshaltungskosten.
Diese Ergebnisse der Umfrage werden durch die qualitativen Befragungen bestätigt.
Aus dem Projekt sind zahlreiche Veröffentlichungen hervorgegangen. An diesen beiden wissenschaftlichen Publikationen sind wir direkt beteiligt gewesen:
McGinlay, James et al. (2023): Exploring local public support for protected areas: What social factors influence stated and active support among local people? Environmental Science & Policy 145, July 2023: 250-261
McGinlay, James et al. (2020): The Impact of COVID-19 on the Management of European Protected Areas and Policy Implications. Forests, 11(11), 1214: 1-15
Zudem gibt es (englische) Berichte aus den einzelnen Schutzgebieten. Auf der Website von FIDELIO gibt es ausführliche Informationen zu dem Gesamtprojekt, das durch das European Research Council (ERC) gefördert wurde.
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Zur Person

Dr. Susanne Berzborn
Soziokulturelles Monitoring, Wahrnehmungen und Akzeptanz
Tel.: +49 7449 929 98 341
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Dr. Kerstin Botsch
Soziokulturelles Monitoring, Wahrnehmungen und Akzeptanz
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