Einsicht zu(m) Handeln - Ein Selbstversuch
Ich halte mich für ökologisch einigermaßen bewusst lebend. Versuche, immer wieder das Auto stehen zu lassen, stattdessen mit Bahn oder Fahrrad unterwegs zu sein. Kaufe regionale Produkte, versuche Plastik zu vermeiden, trage manchmal Secondhand-Klamotten, mache Wasch- und Geschirrspülmittel selber. Und ich habe eine Streuobstwiese, auf der wir das Gras mit der Sense mähen und die Bäume nicht spritzen. Allerdings verzichte ich nicht komplett aufs Fliegen und esse manchmal Fleisch. Wahrscheinlich bewohne ich auch zu viele Quadratmeter.
Was das mit dem Nationalpark zu tun hat? Auf den ersten Blick nichts, aber vielleicht auf den zweiten. „Von der Einsicht zu(m) Handeln“ lautet ein Nationalpark-Projekt, bei dem der Frage nachgegangen wird: Wie können Menschen motiviert werden, selbst einen Beitrag zum Erhalt der Artenvielfalt zu leisten?

Ich erkläre mich zu einem Selbstversuch bereit und bekomme eine Anleitung, ein Tagebuch und einen Link zur Website. Diese ist leider dröge geschrieben. In Mammutsätzen liest sie sich, als mühten sich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, möglichst nicht zu wissenschaftlich zu klingen. Sei’s drum. Ich muss noch einen Fragebogen beantworten. Kostprobe? Inwiefern bist du bereit, die Marke von Kosmetika und Drogerieartikeln zu wechseln, wenn du erfährst, dass deren Herstellung die biologische Vielfalt gefährdet?
Dreimal wöchentlich ins Tagebuch schreiben
Meine Aufgaben: Dreimal wöchentlich soll ich Tagebuch schreiben und auch verschiedene sogenannte Challenges (Herausforderungen) meistern. Noch schnell eine App runterladen, dann seh ich die Challenges: Zum Beispiel soll ich ein Insektenhotel kaufen oder bauen. Ich hab bereits eins … check.

Nächste Aufgabe: Auf die Tiere achten, die ich so entdecke. Da bin ich gespannt, denn ich wohne mitten in der Stadt. Wespen, Hummeln und Wildbienen schwirren munter aufm Balkon. Dann verirrt sich doch glatt ein Heupferd zu mir in den fünften Stock. Spätabends auf dem Heimweg sehe ich einen Fuchs: rotbraunes Fell, buschiger Schwanz, spitze Ohren. Er geht gemütlich über die Straße, biegt dann zum Friedhof ab. Ich hätte wetten können, dass der Fuchs erst rechts und links schaut, bevor er die Straße überquert. Eine Freundin erzählt mir, dass sich die Stadtfüchse ans Leben in der Stadt anpassen. Und sich nicht mit einem Fuchs aus dem Wald paaren würden. Das alles schreibe ich in mein Tagebuch.

Jede Menge Herausforderungen
Andere Challenges sind, dass ich diesen Monat fünf verschiedene Zucchini-Rezepte koche, denn Zucchini haben gerade Saison. Oder dass ich meinen Müll trenne. Oder dass ich mehrmals im Monat das Fahrrad nehme und das Auto stehen lasse. Einfach. Es dauert eine Weile, bis ich kapiere, dass ich täglich Challenges machen könnte oder sollte.
Ich notiere in mein Tagebuch: Wir waren heute zur Mirabellenernte auf der Streuobstwiese und haben vier verschiedene Arten von Storchenschnabel entdeckt. Von intensivem Violett bis zu Weiß. Ich wusste gar nicht, dass es mehr als eine Art gibt.



Heute lasse ich mit der App meinen persönlichen Fußabdruck ausrechnen. Der Durchschnittswert für jemanden in meinem Alter liegt bei 13,48 Tonnen CO2 pro Jahr. Nach Fragen zum Wohnen, Konsum, Persönliches, Mobilität, Reisen, Ernährung liegt mein Fußabdruck bei 10,12 Tonnen CO2 pro Jahr. Jubiiieh! Der höchste Wert von mehr als vier Tonnen ist bei mir das Wohnen: Altbau, Gasheizung. Immerhin Ökostrom. Tja, und weil ich manchmal fliege, schneide ich auch beim „Reisen“ nicht besonders ab. Ziemlich gut dagegen bei „Konsum“ (0,26 Tonnen) und „Ernährung“ (1,12 Tonnen).
Niedrigschwellig und kurzweilig
Fazit des Selbstversuches: Ich schaue genauer hin, etwa beim Storchenschnabel. Ich werde auch das ein oder andere übernehmen, zum Beispiel, dass ich alte Zahnbürsten nicht wegwerfe, sondern zum Putzen von Ecken und Rillen benutze. Aber so ein richtiges „Aha-Erlebnis“ hatte ich nicht. Vielleicht, weil ich sowieso einige der Vorschläge bereits umsetze. Aber zu wissen, dass ich damit schon ganz gut dabei bin, ist ein gutes Gefühl. Wer sich erst auf die Reise Richtung Nachhaltigkeit begeben möchte, für den ist „Von der Einsicht zu(m) Handeln“ ein gutes, niedrigschwelliges, kurzweiliges Angebot, um seinen Lebensstil zu überdenken.
Wer sich für das Projekt interessiert und mitmachen möchte, meldet sich per Mail bei Susanne.Berzborn@nlp.bwl.de
Wer einfach mal Schauen möchte, kann dies auf der Website: www.einsicht-zum-handeln.de/mitmachen/
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Zur Person

Iris Lemanczyk
Bloggt im Auftrag der Nationalparkverwaltung aus dem Nationalpark Schwarzwald.
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Tel.: +49 7449 92998-14
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6 Kommentare
13.11.2024 um 15:54 Uhr von Gast:
13.11.2024 um 16:39 Uhr von Gast:
13.11.2024 um 16:41 Uhr von Gast:
13.11.2024 um 16:42 Uhr von Gast:
15.11.2024 um 14:51 Uhr von Gast:
18.11.2024 um 13:24 Uhr von Jochen: