Was wächst hier?

26.03.2024 von Iris Lemanczyk, Andreas Forch in Kategorie : Blog
  • Mit vier Fluchtstäben und einem Rucksack kommt Dr. Stefanie Gärtner zu unserem Treffpunkt, dem Besucherzentrum. Sie will uns heute ihre Arbeit näherbringen. Stefanie Gärtner ist im Nationalpark unter anderem für ökologisches Monitoring der Vegetationsentwicklung zuständig. Sie ist Sachbereichsleiterin für Prozessschutz und Vegetationsentwicklung. Das klingt kompliziert, aber zweimal ist das Wort „Vegetation“ gefallen. Das kann ich mir gut merken. Einen Teil ihrer Arbeitszeit verbringt Gärtner am Computer, den anderen draußen. Diesen Teil wird sie uns zeigen.

    Im Frühjahr und Sommer ist Stefanie Gärtner häufig auf einer der 210 Flächen unterwegs, in denen die Wirkung des Prozessschutzes speziell untersucht wird. Diese Flächen sind im ganzen Nationalpark verteilt. Das mit dem Hinkommen zu diesen Gebieten ist nicht so einfach. Außerdem sollen auf so einer Fläche so wenig wie möglich Menschen rumtrampeln, idealerweise sollen die Gebiete komplett in Ruhe gelassen werden. Deshalb demonstriert Gärtner ihre Arbeit unweit des Besucherzentrums. Wir tun so, als wären wir in einer der 210 ausgesuchten Flächen.

    Improvisieren ohne Kompass

    Gärtner lehnt die Fluchtstäbe und den Rucksack an eine hohe Tanne, holt dann ein Maßband aus dem Rucksack. „Eigentlich brauche ich auch einen Kompass, denn wir messen vom Mittelpunkt der Fläche genau 4,5 Meter in die vier Himmelsrichtungen“, erklärt sie. Da sie für uns aber improvisiert, wird nicht ganz so genau abgemessen.

     

    Stefanie Gärtner schnappt sich Maßband und einen Fluchtstab und stapft los – eigentlich streng entlang der Richtung, die der Kompass vorgibt. Sie stapft durchs Unterholz, über kleine Brombeersträucher, über einen kleinen Felsen. Egal. Immer hat sie das Maßband und theoretisch auch den Kompass im Blick. Nach fünf Metern stoppt sie und drückt die Spitze des Fluchtstabs in die Erde. Das macht sie viermal, bis eine Fläche von 25 Quadratmetern ausgemessen und durch die weiß-roten Stäbe gut erkennbar ist.

    Was wir wissen wollen…

    „Wir wollen wissen, welche Arten hier präsent sind – und wie viele davon“, erklärt Stefanie Gärtner und zückt Papier und Stift. „Wir wollen wissen, wie sie leben und welche Funktionen sie im System haben.“ Gärtner notiert die Anzahl der Bäume, die größer als fünf Meter sind: Tanne – 1. Dann schaut sie sich den Farn an, möchte anhand der Sporangien bestimmen, um welche Art es sich exakt handeln kann. Deshalb dreht sie das Farnblatt um, doch es haben sich noch keine Sporen ausgebildet.

    Die Vegetationsspezialistin notiert einen Tannen-Jungwuchs, bei dem sie einen schon älteren Verbiss sieht. Zwei seiner Triebe haben sich Tiere schmecken lassen. Auch der Verbiss wird vermerkt, genauso wie Fraßspuren von Insekten. Auf unserer „pseudo Fläche“ wächst noch jede Menge Brombeer, Himbeer, Sauerklee und und und. Sie schätzt wie dicht der Bewuchs ist (60 Prozent). Und sie erkennt Moos und Pilze, aber dafür gibt es andere Spezialisten im Team. Alles wird fein säuberlich auf Papier notiert und später am Computer dokumentiert und ausgewertet.

    Erst war Stefanie Gärtner Landschaftsgärtnerin. Naheliegend, bei dem Namen, liegt mir auf der Zunge. Danach studiert die gebürtige Nordschwarzwälderin Forstwissenschaft in Freiburg, mit Abstechern in Primärwälder der USA und Kanada. Als Schwarzwald-Mädel war es für sie undenkbar, dass es einmal einen Nationalpark vor ihrer Haustür geben könnte, denn „ein Schutzgebiet kam in der Vorstellung der Leute nicht vor“, erinnert sie sich an ihre Jugend.

    Die Freundin lässt ihr den Vorrang

    Als es dann 2014 tatsächlich zur Gründung des Nationalparks kam, wollte sich eine Freundin auf die Waldmonitoring-Stelle bewerben. „Sie meinte dann aber, dass diese viel besser zu mir passen würde“, berichtet Gärtner. Also hat sie sich beworben – und ihre jetzige Traumstelle bekommen.

    „Normalerweise greift der Mensch in Mitteleuropa immer in den Wald ein. Aber in unserer Kernzone überlassen wir die Ökosysteme sich selbst. Waldökosysteme verändern sich aber meist sehr langsam, weil die Bäume lange leben können. Deshalb ist es wahrscheinlich, dass ich die Wirkung und Veränderung gar nicht mehr mitbekomme, aber zukünftige Nationalparkwissenschaftler und -wissenschaftlerinnen.“

    Wer noch mehr über die Arbeit von Dr. Stefanie Gärtner und ihren Kollegen erfahren möchte, findet ihre Ausführungen unter: https://www.nationalpark-schwarzwald.de/de/nationalpark/blog/2022/methodik-des-prozessschutzmonitorings

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    Zur Person

    Iris Lemanczyk

    Bloggt im Auftrag der Nationalparkverwaltung aus dem Nationalpark Schwarzwald.

     

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    Andreas Forch

    Arbeitet mit Bloggerin Iris im Team und macht die Bilder und Videos für ihre Blogbeiträge.