Methodik des Prozessschutzmonitorings

25.01.2023 von Dr. Stefanie Gärtner in Kategorie : Nationalparkforschung
  • Warum ist Forschung in Prozessschutzgebieten notwendig?

    Mit dem Prozessschutz überlassen wir Gebiete mit ihren Ökosystemen sich selbst. Wir versuchen, diese Prozessschutzgebiete so wenig wie möglich durch uns Menschen zu beeinflussen. Da wäre es eigentlich nur folgerichtig, die Natur auf diesen Flächen komplett in Ruhe zu lassen, oder? Tatsächlich klingt das im ersten Moment einleuchtend. Allerdings weisen wir Schutzgebiete mit dem Ziel aus, die natürliche Vielfalt in all ihren Facetten zu schützen. Ob die Gebiete – oder in anderen Fällen die Maßnahmen – ihren Zweck erfüllen, muss überprüft werden. Dadurch können wir beurteilen, ob dieser Schutz gegebenenfalls angepasst werden kann. Um das zu untersuchen, müssen wir die Wege verlassen.

    Es gibt so vieles zu entdecken

    Außerdem wollen wir lernen: Wir wollen wissen, welche Arten präsent sind, wie sie leben und interagieren, welche Funktionen sie im System haben, welche Prozesse sie beeinflussen oder wie sie darauf reagieren. Wir wollen lernen, wie wir die Natur effektiver schützen, aber auch schonender nutzen können. Daher ist eine wichtige Aufgabe der Nationalparkverwaltung, zu dokumentieren, wie sich die Ökosysteme mit ihrem Arteninventar, deren Funktionen und den Wechselwirkungen untereinander verändern. Prozessschutzgebiete sind Referenzgebiete, mit denen wir unsere bewirtschaftete Kulturlandschaft vergleichen und von denen wir lernen können.

    Der Nationalpark hat eine Historie - und ist keine Insel

    Dabei müssen wir uns bewusst sein, dass auch das Gebiet des Nationalparks nicht unbeeinflusst ist. Denn die Ökosysteme tragen die Geschichte jahrhundertelanger menschlicher Nutzung in sich. Beispielsweise gibt es Wege und Entwässerungsgräben; und auch die Struktur- und Zusammensetzung der Arten wurde durch forstliche oder jagdliche Nutzungen direkt und indirekt beeinflusst. Auch zukünftig wird das Gebiet nicht abgeschottet sein gegenüber Stoffeinträgen, Einwanderung und Aussterben von Arten oder auch dem Klimawandel. Diese Einflüsse beobachten wir parallel.

    Was wird gemessen, gezählt, verhört und abgeschätzt?

    Für jede Artengruppe gibt es spezielle Erfassungsmethoden. Einige Beispiele sind auf den Fotos und Abbildungen zu erkennen. Wichtig ist, alles möglichst so zu erfassen, dass die Beobachtungen verschiedener Arten miteinander verknüpft werden können – also zum gleichen Zeitraum und am gleichen Ort. Wobei das natürlich für viele Arten, je nach Größe und Aktivität im Jahresverlauf und in der Fläche variieren kann.

    Die ganzen Details der von uns ausgewählten Methoden sind in diesem Artikel beschrieben.

     

     

     

    Wann sind erste Ergebnisse zu erwarten?

    Wenn die Erhebungen im Gelände abgeschlossen sind, ist die Arbeit meist nicht vorbei. Beispielsweise müssen wir die gemessenen Daten zur Waldstruktur zu Kennzahlen zusammenfassen. Die automatisch erfassten Tiere auf Fotos oder deren aufgenommenen Laute müssen wir erkennen, die vielen Proben von Moosen, Pilzfruchtkörper, Insekten nachbestimmen oder genetische Proben analysieren. Das dauert je nach Gruppe unterschiedlich lange. Die Sammlungen werden langfristig in den Naturkundemuseen des Landes als Referenzbelege aufbewahrt. Einige Zwischenergebnisse sind in den vergangenen Jahresberichten oder an anderer Stelle auf der Website nachzulesen. Am Anfang jeden Jahres werden hier im Forschungsblog beispielsweise die aktuell bekannten Artenzahlen bekannt gegeben. Sobald wir neue Ergebnisse publizieren, werden wir sie hier im Blog teilen.

    Geduld ist erforderlich

    Zu beachten ist auch: Waldökosysteme verändern sich meist sehr langsam, weil die prägenden Elemente – die Bäume – sehr lange leben können. Das bedeutet, dass wir die Wirkung von Prozessschutz meist erst über lange Beobachtungszeiträume erkennen können. Wir und zukünftige Nationalparkwissenschaftler und -wissenschaftlerinnen werden idealerweise bei der Datenerhebung immer wieder genau wie beschrieben vorgehen. Dadurch wird es möglich, über die einzelnen Beobachtungszeitpunkte, Prozesse zu beobachten. Durch die Beobachtung verschiedener standörtlicher Situationen und deren Wiederholungen, beispielsweise in unterschiedlicher Höhenlage oder auf verschiedenem Ausgangsgestein, können wir die Variationen erkennen, die Prozessschutz in der Nationalparklandschaft für die biologische Vielfalt bewirkt.

    Referenz:

    Gärtner S M, del Val Alfaro E, Birk S, Bernauer T, Buse J, Dreiser C, Jung K, Kratzer R, Popa F, Weckesser M & M I. Förschler (2022) Prozessschutz im Nationalpark Schwarzwald – integratives Langzeitmonitoring der Biodiversitätsentwicklung. Waldökologie, Landschaftsforschung und Naturschutz 21: 15-30. 

     

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