Temperaturbedingte Variation der Biomasse flugaktiver Insekten

01.03.2023 von Dr. Jörn Buse in Kategorie : Nationalparkforschung
  • Ohne ausreichende Daten keine korrekten Rückschlüsse

    Insekten repräsentieren einen großen Teil der Artenvielfalt an Land und sind an wesentlichen Prozessen in Ökosystemen beteiligt. Spätestens seit der „Krefeld-Studie“ 2017 ist klargeworden, dass es massive Veränderungen inder Insektenwelt gibt. Als Ursachen für Bestandsverluste werden vor allem eine veränderte Landnutzung und auch der Klimawandel diskutiert. Leider ist die Datenbasis für flächendeckende Analysen und über lange Zeiträume in Deutschland sehr gering. Ein koordiniertes Monitoring von Insekten über verschiedene Landnutzungen und unterschiedliche klimatische Einheiten ist daher dringend nötig.

     

    Beteiligung am nationalen Monitoring-Netzwerk LTER-D

    Der Nationalpark Schwarzwald beteiligt sich, wie viele andere Nationalparks, an dem großflächig angelegten Monitoring-Netzwerk LTER-D (Long-Term Ecological Research) im Rahmen eines in 2019 gestarteten Projekts. Dabei wurde nun auf Basis der Daten aus 2019 beantwortet, wie sich das Klima und die Landnutzung auf die Biomasse flugaktiver Insekten auswirkt. Als Grundlage dienten die im 14-tägigen Intervall erhobenen Insekten-Biomassen aus sogenannten Malaise-Fallen (Abbildung ).

    Einfluss der Temperatur

    Grundsätzlich stieg über alle Stationen die Insekten-Biomasse mit steigender Temperatur im Jahresverlauf. Auf höher gelegenen Standorten war die Biomasse geringer als in niederen Lagen. Für den Nationalpark Schwarzwald bedeutet das, dass im Zuge der Klimaerwärmung die Biomasse flugaktiver Insekten im Jahresverlauf über einen längeren Zeitraum höher sein kann als im langjährigen Mittel.

     

    Auch muss man annehmen, dass die Insekten-Biomasse bei gleichbleibender Landnutzung durch die Erwärmung zunimmt. Allerdings trat an Stationen mit überdurchschnittlich heißen Sommermonaten (Juni, Juli) ein Rückgang der Insekten-Biomasse ein. Das zeigt lokale Anpassungen der Insektenfauna und bedeutet, dass ein stark eintretender Klimawandel hat trotz insgesamt höherer Temperaturen wohl einen negativen Effekt auf die Insektenpopulation hätte.

    Einfluss der Landnutzung

    Neben dem dominierenden Effekt der Temperatur gab es auch Unterschiede in der Insekten-Biomasse, die durch die Landnutzung erklärt werden. Hier zeigte sich vor allem ein negativer Zusammenhang zwischen dem Waldanteil in der Umgebung (1000 Meter Radius) und der Biomasse.

    In waldgeprägten Lebensräumen sind demnach deutlich weniger flugaktive Insekten unterwegs als auf Weiden und Wiesen. Auf stark von menschlicher Aktivität geprägten Lebensräumen (Siedlungen, Plantagen) erreichte die Biomasse etwas später ihren Höhepunkt als in naturnahen Lebensräumen.

    Im Nationalpark Schwarzwald bedeutet das konkret eine im Jahresmittel etwa 7-fach höhere Insekten-Biomasse auf den Bergheiden (1,96 Gramm pro Tag) als im Buchenbestand oder im Bergmischwald (je 0,28 Gramm pro Tag).

    Fazit

    Die Studie belegt die starke Temperaturabhängigkeit der Aktivität von Insekten und zeigt erste Unterschiede zwischen Lebensräumen. Grundsätzlich positive Effekte der Klimaerwärmung für die Insekten könnten durch zu starke Abweichungen vom langjährigen Mittel zu negativen Effekten führen. Veränderungen in der Insekten-Biomasse sind gut mit dem gewählten Ansatz zu dokumentieren. Nun gilt es über möglichst viele Standorte eine lange Zeitreihe aufzubauen, denn Insekten sind ein wichtiger Teil der Nahrungskette und Indikator für Prozesse in Ökosystemen. Der Nationalpark Schwarzwald beteiligt sich weiterhin an dem vielversprechenden Projekt.

     

    Referenz:

    Welti, E.A.R. et al. (2022). Temperature drives variation in flying insect biomass across a German malaise trap network. Insect Conservation and Diversity 15: 168-180.

     

    Die Arbeit kann hier frei heruntergeladen werden (open access) 

     

    Kommentare

    Aktuell sind noch keine Kommentare vorhanden.

    Hinterlasse uns einen Kommentar:

    Verbleibende Zeichen: 600

    Zurück