Der Nationalpark Schwarzwald: ein wichtiger Zugkorridor für viele Vogelarten Nord- und Mitteleuropas
Vertikale und horizontale Konzentration des herbstlichen Vogelzugs in den Hochlagen des Nordschwarzwalds
Der Nationalpark Schwarzwald liegt mitten auf den herbstlichen Zugrouten vieler nordischer Vogelarten. Millionen Zugvögel ziehen jedes Jahr auf ihrem Weg zu den nahrungsreichen Winterquartieren in Afrika und Südeuropa über dem Nationalparkgebiet durch. Um die Höhen des Mittelgebirges zu überwinden, versuchen die Tiere günstige Wetterbedingungen auszunützen und möglichst energiesparende Routen zu befliegen. Dabei lassen sie sich durch den Verlauf der Täler leiten und bevorzugen Pässe und Strecken mit guten Windverhältnissen. Dieses Verhalten kann unter schlechten Bedingungen, beispielsweise bei Gegenwind oder Nebel, zu temporären, starken, vertikalen und horizontalen räumlichen Verdichtungen des Vogelzugs führen.
Vogelzugkorridore über dem Schwarzwald
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der ornithologischen Arbeitsgemeinschaft Freudenstadt-Horb untersuchten in den vergangenen drei Jahrzehnten den herbstlichen Vogelzug im sogenannten Grindenschwarzwald. Dieser erstreckt sich entlang der höchsten Berglagen des Nationalparks zwischen Kniebis und Unterstmatt. Im Beobachtungszeitraum konnten hier insgesamt mehr als 200 verschiedene Vogelarten festgestellt werden, die den Schwarzwald in südwestliche Richtungen auf den Wegzug zu ihren Überwinterungsgebieten überqueren oder im Gebiet eine Rast einlegen.
Finken, Drosseln, Stelzen, Pieper, Lerchen und Tauben stellen den Großteil der Zugvögel auf dem Tagzug dar. Der Nachtzug ist allerdings stärker ausgeprägt: Rund zwei Drittel aller Zugvögel ziehen bei Nacht. Dies kann man in sogenannten Massenzugnächten beobachten, wenn mitunter die Rufe von hunderten bis tausenden von Sing- und Rotdrosseln zu hören sind.
Kanalisierung der Flugbahnen am Hauptkamm
Aufgrund der Landschaftsform kommt es in den Hochlagen des Nationalparks generell zu einer starken, vertikalen Konzentration des Vogelzugs. Bei optimaler Rückenwindsituationen oder windstillem Wetter erstreckt er sich horizontal über die gesamten Kammlagen des Grindenschwarzwaldes. Bei Gegenwind und Nebel findet eine noch stärkere horizontale Konzentration des Breitfrontzugs, insbesondere an den von Nordost nach Südwest verlaufenden Sätteln statt. Die wichtigsten Zugkorridore befinden sich bei Kniebis, Alexanderschanze, Zollstock, Zuflucht, Lotharpfad, Schurkopf, Schliffkopf, Schweinkopf, Seekopf, Altsteigerskopf, Schwarzkopf, Seibelseckle, Hornisgrinde und Unterstmatt.
Die im Grindenschwarzwald genauer untersuchten Aspekte des Zuggeschehens sind grundsätzlich auch auf andere Gebiete im Schwarzwald, beispielsweise Mittel- und Südschwarzwald, übertragbar. Hauptdurchzugsrichtung, Topographie und Wetterbedingungen sind hier ähnlich.
Referenz:
Förschler MI, Anger F, del Val Alfaro E & Dreiser C 2021: Vertikale und horizontale Konzentration des herbstlichen Vogelzugs in den Hochlagen des Nordschwarzwaldes. Vogelwarte 59: 107 – 120.
Link zum Artikel in der Vogelwarte
Blogbeitrag: Zugvögel: (un)freiwillige Weltenbummler? (2020)
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