Was riecht denn hier nach Kokos?

04.07.2022 von Dr. Flavius Popa in Kategorie : Nationalparkforschung
  • Wenn der Schwarzwald exotisch duftet, liegt das nicht unbedingt daran, dass gerade jemand mit frisch shampoonierten Haaren vorbeigelaufen ist. Auch hier vorkommende Pilze erzeugen unerwartete Gerüche, die man entdecken und analysieren kann. Seine neueste Entdeckungsreise auf den Duftspuren der Pilze beschreibt Mykologe Flavius Popa unter diesem Titel: "Bildung diastereomerer Dihydromenthofurolactone durch den Wohlriechenden Schichtpilz (Cystostereum murrayi) und Aromaverdünnungsanalyse (ADA) auf der Grundlage der dynamischen Headspace-Technik."

    Was das bedeutet und warum die Pilzforschung generell für unseren Alltag sehr wichtig ist, das erklärt er in diesem Blogbeitrag:

    Wer mit wachsamer Nase den Weg hinab zum Wilden See gelaufen ist, dem könnte auf halber Strecke ein süßlicher Kokosgeruch aufgefallen sein. Dieser Duft wird vom Wohlriechenden Schichtpilz (Cystostereum murrayi) gebildet und kann gerade an warmen Sommer- und Herbsttagen sehr deutlich sein. Diese Art ist in Deutschland selten und gefährdet (Rote Liste 2). Sie kommt vor allem in älteren Wäldern auf abgestorbenem Nadelholz vor und gilt als Naturnähezeiger. Im Nationalpark Schwarzwald konnte sie an wenigen Stellen nachgewiesen werden.

    Die Fruchtkörper sind nicht auffällig, wachsen rindenartig, oft sich am Rand vom Nadelholz leicht ablösend (Abbildung 1). Viele Pilze produzieren eine ganze Reihe von verschiedenen sekundären Inhaltsstoffen. Das sind nicht nur Aromastoffe, sondern auch Abwehrstoffe, Farbstoffe und vieles mehr. Interesant ist, dass wir in unserem Alltag bereits viele dieser Substanzen nutzen: als Geschmackstoffe in Lebensmitteln, als Reiniger in Waschmitteln oder als Wirkstoffe in der Medizin, wie beispielsweise die Fülle an Antibiotika.

    Welche Aromastoffe werden produziert und wozu?

    In Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Zorn (Justus-Liebig-Universität Gießen) konnten die für den Kokosgeruch verantwortlichen Stoffe identifiziert und gemessen werden. Näheres zu diesen sogenannten Lactonverbindungen in der Publikation selbst. Diese konnten das erste Mal in einem Ständerpilz festgestellt werden und werden von dem Wohlriechenden Schichtpilz in größeren Mengen produziert. Wozu der Pilz das macht, ist noch nicht klar. Möglicherweise sollen dadurch bestimmte Insekten angezogen werden, die eine Verbreitung des Pilzes fördern könnten. Dieser Frage gehen wir gerade nach, also eventuell gibt es in diesem Blog bald mehr Informationen zu diesem Thema.

    Nur ein kleiner Teil des megadiversen Pilzreichs ist der Forschung bekannt und nur ein winziger Bruchteil davon wurde bislang auf Inhaltsstoffe untersucht. Der Schutz von Arten und der Erhalt dieser Vielfalt können sich daher auch direkt auf die Gesundheit und den Lebensstandard positiv auswirken, wie man anhand der Pilze gut sehen kann. Denn im Moment weiß niemand, welche Wunder die noch unentdeckten Pilze für uns bereithalten. Die Wahrscheinlichkeit, dass wir hier aber noch einiges an Wundern entdecken können, ist sehr hoch - das macht die Mykologie und die Untersuchung der Pilze so spannend!

    Brescia F, Pitelas W, Popa F, Yalman S, Hausmann H, Wende R, Fraatz M, Zorn H (2021) Formation of Diastereomeric Dihydromenthofurolactones by Cystostereum murrayi and Aroma Dilution Analysis (ADA) based on Dynamic Headspace Technique. Journal of Agricultural and Food Chemistry 69(21):5997-6004. DOI: 10.1021/acs.jafc.1c01478

     

    PUBLIKATION AUF RESEARCHGATE

     

     

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