Ein knorrig-sanfter Ideengeber

27.07.2023 von Iris Lemanczyk in Kategorie : Blog
  • Über Walter Trefz ist viel geschrieben worden. Zu Lebzeiten und nach seinem Tod. Gestorben ist er bereits im Jahr 2021. Er war einer der Ideengeber für den Nationalpark. Erster Öko-Förster im Land. Er war Aktivist, aber ein knorrig-sanfter. Er war ein Kämpfer für den Wald. Nun bekommt Walter Trefz eine besondere Würdigung im Nationalpark:  Eine Gedenktafel an einer hochgewachsenen Weißtanne.

    „Eine große, starke, alte Tanne, die passt zu Walter“, sagt Charly Ebel, Leiter des Fachbereichs Besucherinformation des Nationalparks. „Bei einem unserer letzten Treffen gingen wir zu so einer Großvatertanne im Freudenstädter Wald. Baum und Mensch waren sich sehr, sehr ähnlich. Es hatte was Symbolhaftes: Die große Tanne, die Rückschläge ertragen musste, der Wipfel war mehrmals abgebrochen, aber der Baum wächst weiter.“

    Ich kannte Walter Trefz nicht, hab ihn nie getroffen. Aber ich möchte auf Spurensuche gehen. Darum lese ich mich durch Zeitungsarchive, vor allem aber spreche ich mit Leuten, die ihn gekannt haben. Leuten aus dem Nationalpark-Umfeld.

    So wie Charly Ebel: „Walter war weise und klug, hatte viel Lebenserfahrung. Und er vertrat klare Positionen. Als Förster und Naturschützer. Diese Verbindung war ungewöhnlich, aber er hatte sie gelebt. Es war eine schwierige Rolle, kritisch seinem eigenen Berufsstand gegenüber.“

     

    In den 1980er Jahren zeigten sich in der Region Folgen der Umweltverschmutzung. Die Wälder wurden durch Millionen Tonnen Schwefeldioxid belastet. Der junge Förster Trefz wollte das nicht tatenlos hinnehmen. Er plante Aktionen, etwa mit kaputten Fichten auf dem Freudenstädter Marktplatz. Schnell galt er als Rebell.

    Sein kompromissloser Einsatz für den Wald brachte die Forstbehörde, auch seinen Chef, gegen sich auf. Auf behördlicher Ebene sah man vermutlich in ihm einen Querulanten, einen Provokateur. Einen, der den Wald nicht als Wirtschaftsfläche zum Gelderwerb sieht, sondern einer, der sich weigerte Gift zu spritzen - sich auch noch für Umweltauflagen, Filteranlagen und Katalysatoren stark machte. „Ein Förster ist für den Wald da – und nicht fürs Geld“, soll er gesagt haben.

    Was seine Vorgesetzten wohl gesagt oder gedacht haben, als Förster Trefz Jahre später das Bundesverdienstkreuz erhielt?

    „Bei Diskussionen war Walter präsent, hat aufmerksam zugehört“, erinnert sich Ebel. Seine Antwort hat Trefz oft als offene Frage in den Raum gestellt. „Aber allen war klar, das ist seine Antwort.“ Wurde der Ton unsachlich, konnte Trefz sagen: „Wenn du von deiner Frau was willst, schreist du sie dann an?“

    „Charismatisch, nachdenklich, engagiert“, so beschreibt ihn Karl-Ernst Rothfuß vom BUND, Bund für Umwelt und Naturschutz Freudenstadt. Beide waren sie auch im Freundeskreis Nationalpark Schwarzwald. Rothfuß hat früher in einem Steuerbüro in Freudenstadt gearbeitet, gegenüber vom Forstamt. „Meine erste Erinnerung: Ganz schwungvoll kam ein Mann aus dem Forstamt. Kohlrabenschwarze Haare und Bart. Genauso schwungvoll setzte er sich in einen alten Jeep und fuhr los.“ Walter Trefz. Später haben sie sich kennengelernt, haben gemeinsam gegen Atomkraft oder für Windkraft demonstriert. „Dem Walter ging es immer um den Wald. Um seinen Wald am Kniebis, wo er Förster war. Und um den Wald an sich.“

    Er konnte auch gut mit Kindern, soll ein begnadeter Waldpädagoge gewesen sein. Im Ferienprogramm war Trefz eine feste Größe. „Einmal hat er sich mit Heidelbeersaft seinen Bart gefärbt“, erinnert sich Rothfuß. Später hatte er noch einen Termin. Eine Frau schaute ihn fragend an. Trefz antwortete: „Sag nix, du färbst deine Haare doch auch!“

    „Mit der Baumwidmung wäre Walter zufrieden“ – da ist sich auch Rothfuß sicher. Die Weißtanne liegt etwas abseits, etwa 15 Minuten vom Wilden See entfernt. Sie ist oben gespalten und hat zwei Wipfel. Man sieht ihr an, dass sie es nicht immer leicht hatte.

    „Walter Trefz war seiner Zeit voraus“, ergänzt Thomas Waldenspuhl, Leiter des Nationalparks. „Er war authentisch, ist sich immer treu geblieben, ohne den Humor zu verlieren.“ Sein Thema war der Wald an sich – insbesondere auch der Natur- und Artenschutz. „Er war ein Anwalt des Ökosystems-Waldes mit all seinen Schattierungen, Aufgaben und Abläufen. Und ein klarer Befürworter des Nationalparks. Das war ermutigend in Zeiten, in denen es viele Anfeindungen gab.“

    „Was für ein Mann“, dachte sich Susanne Schönberger vom Freundeskreis, als sie Walter Trefz, nicht lange vor seinem Tod, sah: lange weiße Haare, gedrungene Figur, ausdrucksvolles Gesicht mit diesen unheimlich lebendigen Augen. „Ich würde ihn als feinfühlend und unbändig beschreiben, dazu kam sein scharfer Blick und seine direkte Art“, sagt Schönberger. Sie ist mit verantwortlich für den Text auf der Gedenktafel, ein Teil davon lautet:

    Ein besonderer Mensch ist wie ein schöner alter Baum. Er hinterlässt Spuren weit über das Menschenleben hinaus.

    Walter Trefz hat Spuren hinterlassen. „Der Wald braucht Wildnis“, pflegte Walter Trefz zu sagen. Der Slogan des Nationalparks lautet: Eine Spur wilder.

     Ich hätte Walter Trefz gerne gekannt.

    Es gibt ein Buch über ihn, geschrieben von Annette Maria Rieger: Der Walder vom Schwarzwald, Kröner Edition Klöpfer

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