Wo sich Wolf und Bär gute Nacht sagen

Montenegros Durmitor ist neuer Partnerpark des Nationalparks Schwarzwald

26.02.2020 von Judith Wildt Bastos in Kategorie : Blog
  • Montenegro. Das kleine Land an der Adriaküste beherbergt einen der letzten Urwälder und die tiefste Schlucht Europas. Montenegros Nationalpark Durmitor ist sogar UNESCO-Weltnaturerbe – und seit 2020 Partnerpark des Nationalparks Schwarzwald. Unser Ranger Lukas Schmidt war dort und verrät hier, welchem bei uns ausgestorbenen Tier er begegnet ist.

    Lukas, wann warst du das erste Mal vor Ort?

    Im Oktober 2017. Ich war in der Nähe der Kleinstadt Žabljak untergebracht und habe von dort aus kleinere Tagestouren gemacht – mal alleine, mal mit einem Ranger zusammen. Der Herbst hatte da schon ganze Arbeit geleistet: der Waldboden war mit Laub bedeckt und ein erdiger Geruch lag in der Luft. Ab und zu hat es auch schon geschneit.

    Wie sieht es dort aus?

    Im Durmitor haben wir einen der letzten Urwälder Europas. Es wachsen dort hauptsächlich Tannen, Fichten und Buchen. Der Schwarzwald könnte früher ähnlich ausgesehen haben. Das Besondere am Durmitor ist aber auch die 1.300 Meter tiefe Tara-Schlucht mit ihren Schwarzkiefern-Urwäldern. Die Bäume sind teilweise 400 Jahre alt, 50 Meter hoch und stehen völlig unzugänglich in der Steilwand der Schlucht. Solche Wälder gibt es in Europa fast gar nicht mehr. Als ich dort war, zog gerade der Nebel durch die Schlucht und blieb wie Wattefäden in den Bäumen hängen. Das hatte schon etwas Mystisches.

    Was war das Eindrücklichste für dich?

    Eine Begegnung mit einem Haselhahn. Das ist ein Wildvogel, der mit dem Auerhahn verwandt ist. Er ist bloß etwas kleiner und anders gefärbt. Das Besondere für mich daran war: Der Haselhahn war früher auch im Schwarzwald heimisch. Allerdings gilt er bei uns als ausgestorben, weil er schon lange nicht mehr nachgewiesen werden konnte.

    Wie hast du den Vogel entdeckt?

    Die montenegrinischen Ranger hatten mir einen Weg zum Minje Jezero empfohlen. Das ist ein abgelegener, wild-romantischer Weiher oben im Wald, wo nur ein schmaler Pfad hinführt. Auf dem Rückweg – es war schon Abend und nur noch sehr wenig los¬ – habe ich ein paar Meter entfernt im Wald sich etwas bewegen sehen. Da habe ich den Haselhahn entdeckt, wie er seelenruhig durchs Unterholz geschlüpft ist und immer wieder an Laubhölzern Blätter gefressen hat. Ein absolutes Highlight für mich. Vor allem, wenn man bedenkt, dass Wildtiere uns viel früher wahrnehmen, als wir sie. Der Vogel wusste, dass ich da bin, ist aber nicht vor mir geflohen. Die Tiere müssen also gelernt haben, dass dort keine Gefahr mehr vom Menschen ausgeht. Das Gebiet ist seit 1952 beruhigt.

    Bist du noch anderen Tieren begegnet?

    Nicht vielen, da der Park mit 34.000 Hektar sehr weitläufig ist. Aber als ich mich mit Chefranger Duško mal früh morgens in die Berge aufgemacht habe, konnten wir Gämsen beobachten. Mit einem alten russischen Lada Niva sind wir so weit hochgefahren, bis uns der Schnee die Wege versperrt hat. Den Rest sind wir gelaufen. Auf baumfreiem Grasland im Hochgebirge haben wir dann 30 bis 40 Tiere entdeckt. Und über dem Gebirgspass, auf dem wir standen, zog ein Steinadler seine Kreise. Andere Tiere wie Luchse, Braunbären und Wölfe gibt es im Durmitor natürlich auch. Aber die habe ich nicht live gesehen. Allerdings gibt einem allein schon das Wissen, dass sie da sind, ein besonderes Gefühl von Wildnis.

    Bekommen denn die einheimischen Ranger diese Tiere manchmal zu Gesicht?

    Ja, Duško hat mir nach unserem Ausflug auf den Gebirgspass noch die Winterhöhle einer Braunbärin gezeigt. Er erzählte mir davon, wie sie ihre Spuren entdeckt haben und dann auf ihre Höhle gestoßen sind. Im Frühjahr konnten sie miterleben, wie die Mutter mit ihren Jungen herauskam. Das sind natürlich unvergleichbare Momente.

    Klingt aber nicht ungefährlich. Haben die Ranger im Durmitor eine bestimmte Sicherheitsausrüstung?

    Nein, Sie sind ähnlich ausgerüstet wie wir im Schwarzwald. Auch wenn es dort Tiere von anderem Kaliber gibt, tragen sie keine Waffen oder Ähnliches. Dafür gibt es keine Notwendigkeit.

    Wie habt ihr euch eigentlich miteinander verständigt?

    Die Einheimischen sprechen Montenegrinisch, eine Art serbischen Dialekt. Manche Ranger haben aber auch Russisch und wenige haben Englisch gesprochen. Da ich auch Russisch kann und ein paar Brocken der anderen slawischen Sprachen verstehe, wurde es ein Mix aus Russisch, Englisch und Serbisch. Das war sehr unterhaltsam und hat vor allem den Kontakt zu den montenegrinischen Kollegen sehr unmittelbar gemacht.

    Und wie wird es jetzt weitergehen?

    Wir wollen gerne Mitarbeiter vom Durmitor in den Schwarzwald einladen. Umgekehrt gibt es für uns dort auch noch viel zu entdecken. Dafür ist der persönliche Kontakt aber die wichtigste Basis. Deshalb wollen wir vor allem die Menschen kennenlernen und darauf aufbauend unsere Bereiche – Forscher, Pädagogen, Ranger – miteinander vernetzen.

    Wirst du auch wieder hinreisen?

    Definitiv. Sowohl privat als auch dienstlich hoffentlich. Ich habe erst so einen kleinen Teil gesehen. Vor allem die Sušica-Schlucht interessiert mich. Sušica ist slawisch und bedeutet trocken. Dort gibt es einen See, der im Sommer komplett austrocknet, weil es Karst-Gebiet ist mit unterirdischen Höhlen und Abflüssen. Das stelle ich mir sehr spannend vor.

    Weitere Infos zum Partnerpark? Hier geht es zur Partnerschaftsseite des Nationalparks Schwarzwald mit dem Nationalpark Durmitor.

    Die Bilder zum Beitrag stammen von den Fotografen des Projektes "Wild Europe" der Gruppe blackforestcollective.com. Mehr Infos und Bilder zum Projekt "Wild Europe"? Gibt es auf Instagram oder Facebook.

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    Zur Person

    Judith Wildt Bastos

    Bloggt im Auftrag von Kresse & Discher für den Nationalpark Schwarzwald.


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