Der Wendehals: Ein Neuankömmling in den Hochlagen des Nordschwarzwaldes

01.07.2023 von Esther Del Val Alfaro in Kategorie : Nationalparkforschung
  • Der Wendehals Jynx torquilla als Brutvogel der Windwurfflächen und Grinden im Nordschwarzwald

    Seit einigen Jahren können wir zunehmend Auswirkungen des Klimawandels auf die Fauna und Flora des Schwarzwaldes beobachten. Während sich die klimatischen Veränderungen auf an Kälte angepasste Arten des Mittelgebirges eher negativ auswirken, können wärmeliebende Arten der Tallagen profitieren und in höher gelegene Gebiete wandern. Eine solche Verschiebung der Lebensräume durch den Klimawandel ist auch bei uns in den Hochlagen des Nordschwarzwaldes seit einiger Zeit deutlich erkennbar.

     

    Der Wendehals: ein Gewinner des Klimawandels?

    Bis Ende des 20. Jahrhunderts war der Wendehals - eine Spechtart - in den höheren Lagen des Nordschwarzwaldes nur ein sehr seltener Gast auf seinem Zug. Aufgrund seiner Vorliebe für warmes Klima gab es bis dahin keine Brutvorkommen oberhalb 700 Metern über NN. Seit einigen Jahren konnte sich jedoch überraschenderweise eine Wendehals-Population im Bereich der Hochlagen der sogenannten Grinden und damit auch im Nationalpark Schwarzwald etablieren.

    Aufmerksame Beobachterinnen und Beobachter konnten in den vergangenen Jahren zunehmend feststellen, dass die Vögel hier auf der Höhe Reviere durch Gesang und andere Formen sogenannten revierabgrenzenden Verhaltens absteckten. Seit 2015 dann konnten wir die ersten echten Brutnachweise mithilfe von Nistkästen im Bereich des Lotharpfads sicher feststellen. Seitdem wurden es immer mehr Wendehälse und die Verbreitung der Art hat kontinuierlich zugenommen.

    Dabei ermöglichten besonders zwei Faktoren dem Wendehals die Besiedlung der hohen Mittelgebirgslagen: die Entstehung von ausgedehnten, totholzreichen und halboffenen Sturmflächen nach dem Orkan Lothar 1999 und die Verbesserung der klimatischen Situation durch die die messbare Temperaturzunahme im Frühjahr und Sommer. Auch fanden die auf Ameisen spezialisierten Vögel dank der Anhäufung größerer Totholzmengen und das wärmere Mikroklima auf den Sturmflächen mehr Nahrung. Das begünstigte die Ausweitung ihres Verbreitungsgebietes.

    Eine Verantwortungs- und Zeigerart für den Nationalpark

    Die Nationalparkverwaltung fördert derzeit das Vorkommen des Wendehalses: Künstliche Nistkästen sollen zur einer Erhöhung des Brutplatzangebots auf den an Sturm- und Borkenkäferflächen angrenzenden Grindenflächen führen. Diese Flächen liegen in der sogenannten Managementzone, in der dauerhaft auch Eingriffe und Maßnahmen für den Artenschutz umgesetzt werden dürfen: Auf den Heiden der Grinden werden regelmäßig Pflegeeingriffe im Bereich der Brutplätze durchgeführt, um die Lebensraumqualität zu verbessern und die kleine Population dauerhaft zu erhalten. So wollen wir der Verantwortung für den Erhalt dieser streng geschützten und stark gefährdeten Vogelart im Nationalpark gerecht werden und ihre Ökologie in diesem neu besiedelten Lebensraum noch intensiver untersuchen.

    Auch weitere, in Baden-Württemberg stark gefährdete oder vom Aussterben bedrohte Vogelarten wie Auerhuhn (Tetrao urogallus), Baumpieper (Anthus trivialis) oder Gartenrotschwanz (Phoenicurus phoenicurus) profitieren von diesen Maßnahmen. Die naturnahe Bewirtschaftung von Sturm- und Borkenkäferflächen und das Belassen von stehendem und liegendem Totholz (Prozessschutz) im Verbund mit dem Erhalt der offenen Heideflächen auf den Hochlagen liefert so einen wichtigen Beitrag zum Erhalt der Artenvielfalt im Nationalpark.

    Referenz:

    Del Val E, Dreiser C, Finkbeiner W & Förschler M 2018: Der Wendehals Jynx torquilla als Brutvogel der Windwurfflächen im Nordschwarzwald. Vogelwarte 56: 9-13.

     

    PUBLIKATION AUF RESEARCHGATE

     

    Link zum Artikel in der Vogelwarte

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    Zur Person

    Esther Del Val Alfaro

    Forschungs-Konzeption, Vertebraten-Monitoring und Artenschutz

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