Prozesse schützen und dokumentieren

16.06.2023 von Iris Lemanczyk, Andreas Forch in Kategorie : Blog
  • Prozessschutz hat kein Ziel. Man begleitet und schützt „nur“ den Prozess. Kein Ziel? Das ist in unserem Kulturkreis eher ungewöhnlich. Dabei kommen bei der Arbeit von Biologin Stefanie Gärtner und ihren Kollegen jede Menge Daten zusammen. Gärtner ist zuständig für ökologisches Monitoring der Vegetationsentwicklung. Die Daten dienen als Basis für künftige Generationen. Spätere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sollen anhand ihrer Arbeit erkennen, was der Wald macht, wenn man ihn machen lässt. Also, wenn der Mensch sich nicht einmischt.  Welche Arten kommen? Welche gehen? Wie verjüngt sich der Wald?

    Aber nicht nur künftige Generationen gewinnen Erkenntnisse davon. Auch jetzt schon können Naturschutz und Forstwirtschaft davon profitieren. Vor allem außerhalb des Nationalparks. Etwa beim Artenschutz. Oder bei der natürlichen Wiederbewaldung nach einem Sturm.

    Stefanie Gärtner, ihre Kollegen und ihre Arbeit werde ich nach und nach im Blog vorstellen.

     

    210 Flächen

    Die Wissenschaftler haben insgesamt 210 Areale im Wald im Blick, die sie genau beobachten und in denen sie Flora, Fauna und Funga dokumentieren. Die Areale, die Gärtner ausgesucht hat, sind 400 Quadratmeter groß und in den verschiedenen Höhenstufen des Nationalparks verteilt. Denn der Nationalpark liegt zwischen 470 und 1150 Meter hoch. In verschiedenen Höhenlagen ist auch die Vegetation und die Tierwelt verschieden.

    Unterschiedliches Gelände

    Berücksichtigt hat Gärtner auch noch das Gelände: steil, flach, auf Kuppen oder in Tälern. Und die Windlagen der Flächen. Also, ob sie auf der Lee- oder Luvseite liegen. Dazu noch das Gestein, Nährstoffgehalt der Böden und deren Wasserspeicherkapazitäten. Stichprobendesign heißt diese Auswahl in der Fachsprache. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler beobachten in den Flächen ob, wo und welche Pflanzen und Pilze sich ausbreiten, welche neu dazukommen. Oder welche Tiere dort leben oder vorbeikommen.

    Wie entwickelt sich der Wald?

    Also gibt es Ziele: Das Dokumentieren der Arten. Und die Interaktion von Arten. Veränderungen werden festgehalten. Auch Änderungen durch Stürme. Klingt ziemlich theoretisch. Deshalb konkret:  Etwa zu welchen Anteilen kommen Fichte, Tanne und Buche vor. Wenn der Anteil der Buchen höher ist, dann bedecken weniger Moose den Waldboden, da sie durch das Buchenlaub abgedeckt werden – so etwas verstehen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unter Interaktion. Oder aber, wie wirken sich trockene Sommer oder späte Fröste auf das Zusammenspiel der Baumarten aus.

     

    Wie findet sich die Fläche wieder?

    Ich frage mich, wie sie bei all den Bäumen den immer genau gleichen Standort wiederfinden? Da haben die Prozess-Dokumentierer Glück. Denn schon bevor der Nationalpark Nationalpark wurde, gab es im Forst eine forstliche Betriebsinventur. Dafür wurden damals 3500 Punkte markiert. Diese wurden als Ausgangspunkt genommen, um die 210 Flächen auszuwählen. Außer den Höhenstufen hatten sie sich noch eine Vorgabe gesetzt: Jede Probefläche muss mindestens 20 Meter von einem Weg entfernt sein. Es ist nicht leicht, die Flächen zu erkennen, schließlich gibt es kein Flatterband oder Pfosten. Es gibt nur eine in den Boden eingelassene Markierung.

    Buchstäblich über Stock und Stein müssen die Wissenschaftler manchmal, um zu den Flächen zu gelangen. Und das auch noch mit Ausrüstung. Mit vollem Rucksack, logisch, aber auch mit zwölf Fluchtstäben. Das sind ungefähr anderthalb Meter lange rot-weiß lackierte Stäbe mit einer Stahlspitze, damit man den Stab gut in den Boden rammen kann. Ein Fluchtstab hat nichts mit „der Flucht, dem Fliehen“ zu tun. Der Name kommt aus der Vermessung und dient – laut Wikipedia – zum Signalisieren der einzumessenden Punkte. Denn Fluchtung wird das Ausrichten zum Punkt entlang einer geraden Linie bezeichnet. Auch diese Beschreibung stammt von Wikipedia, nicht von mir.

    „Manchmal schimpfen die Kollegen über die Auswahl der Plätze“, lacht Stefanie Gärtner. „Aber ich muss mich ja genauso durchs Unterholz quälen.“  Das alles, um die Veränderung der biologischen Vielfalt unter Prozessschutz zu beschreiben.

    Wer nachlesen möchte, wie die Forschenden dies in ihren eigenen Worten beschreiben:

     

    Zum Beitrag Methoden des Prozessschutzmonitorings

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    Iris Lemanczyk

    Bloggt im Auftrag der Nationalparkverwaltung aus dem Nationalpark Schwarzwald.

     

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    Andreas Forch

    Arbeitet mit Bloggerin Iris im Team und macht die Bilder und Videos für ihre Blogbeiträge.