Nationalpark und Zoo – passt das zusammen?

06.09.2024 von Iris Lemanczyk in Kategorie : Blog
  • Eine Patenschaft kann man unterschiedlich pflegen. Man kann immer nur zum Geburtstag gratulieren. Man kann aber auch aktiv sein, Aktionen planen oder gemeinsame Ziele haben. Die Stadt Karlsruhe hat im Jahr 2015 die Patenschaft für den Nationalpark Schwarzwald übernommen. Ziel: eine nutzbringende Zusammenarbeit für beide. Ich werde euch immer wieder mal zeigen, wer in Karlsruhe mit welchen Projekten mit dem Nationalpark kooperiert. Als Erstes: der Zoologische Stadtgarten Karlsruhe.

     

    Prof. Dr. Matthias Reinschmidt, Direktor des Zoos, hat nicht lange überlegen müssen: „Als Schwarzwälder will ich den Nationalpark unterstützen und ihn auch ein Stück weit in den Zoo holen“, sagt Reinschmidt, der im Bühlertal lebt. Symbolisch wird dies durch das „Tor zum Nationalpark“ im Zoo umgesetzt. Praktisch durch die Luchse. Denn das gemeinsame Ziel von Nationalpark und Zoo ist der Schutz bedrohter Arten. Dazu zählt der Luchs, der mehr als 200 Jahre bei uns in der Region als ausgerottet galt. Seit ungefähr 25 Jahren kommen wieder sehr vereinzelt Tiere in den Schwarzwald. Sie sind aus der Schweiz eingewandert.

     

    Vorbereitung für den Nationalpark

    Luchse haben eine lange Geschichte im Südwesten, auch im Nationalpark, wo es einen Luchspfad gibt. Doch im dicht bewachsenen Nationalpark ist es fast unmöglich, die scheuen Tiere zu sehen. „Aber man kann sie sich bei uns im Zoo anschauen, sozusagen als Vorbereitung für den Besuch im Nationalpark“, sagt Reinschmidt.

     

    Entdecken und beobachten

    Im Karlsruher Zoo gibt es das 1.100 Quadratmeter große Luchs-Gehege am Lauterberg. Schon der Weg dorthin erinnert an einen Waldspaziergang. Von der Aussichtsplattform kann man die zwei Luchse beobachten. Oder erst einmal entdecken. Denn in dem artgerechten Gehege ist es schon möglich, dass der Luchs im Gebüsch sitzt und nicht zu sehen ist. „Wir möchten den Tieren einen Lebensraum anbieten, in dem sie ihre Verhaltensweise ausleben können. Tiere entdecken, nicht präsentiert bekommen, das ist mein Zooverständnis, das passt auch gut zum Nationalpark“, erklärt Matthias Reinschmidt.

     

    Patenschaft mit Leben füllen

    Erleichtert wurde die Zusammenarbeit durch die Liebe zur Ornithologie. Sowohl Matthias Reinschmidt, als auch Marc Förschler, der im Nationalpark den Fachbereich „Ökologisches Monitoring, Forschung und Artenschutz“ leitet, sind begeisterte Vogelkundler. Über diese Gemeinsamkeit waren sie schon vor der Patenschaft miteinander ins Gespräch gekommen. Die Patenschaft mit Leben füllen, das schwebte beiden von Anfang an vor. Begonnen hat es mit der Leihgabe der Konik-Pferde, einer dem Wildpferd sehr nahen Rasse. Die Tiere gehören dem Karlsruher Zoo, weiden aber auf den Grinden im Nationalpark. Diese Kooperation stelle ich in einem separaten Beitrag vor.

     

    Vom Zoo zum Artenschutzzentrum

    Unter Reinschmidts Leitung wird der klassische Zoo nach und nach zum Artenschutzzentrum. „Wenn der Zoo noch so wäre wie zu meinem Praktikum vor 40 Jahren, dann würde ich für die Schließung plädieren“, lacht er. „Aber der klassische Zoo hat sich weiterentwickelt, wird immer mehr zum Artenschutzzentrum. Unsere Tiere sind zwar in Zoos geboren, aber wir verstehen sie als Botschafter ihrer Artgenossen in der Natur.“ Reinschmidt betont, wie wichtig das Erleben regional beheimateter Arten ist.

     

    Zur Auswilderung vorbereiten

    „Wir sind Experten für Wildtierhaltung,“ betont der Zoodirektor mehrmals. Wildtierhaltung und Zucht. Im Tierpark Oberwald, einer Dependance des Karlsruher Zoos, wird derzeit mitten im Wald das Vorbereitungsgehege zur Auswilderung von Luchsen gebaut. „Luchse werden in verschiedenen europäischen Zoos gezüchtet. Im Alter von sechs bis acht Monaten kommen sie dann in den Tierpark Oberwald und werden über Monate zur Auswilderung vorbereitet.“ Vielleicht kommt dann zu den nur männlichen Luchsen im Schwarzwald ein Weibchen.

     

    Erhalt der Biodiversität

    Zudem gibt es im Zoo die Artenschutzstiftung. Sie finanziert Projekte zum Erhalt der Biodiversität – weltweit und vor Ort. Kiebitze, Weißstorch, Habichtskäuze, Zitronenzeisig, Mehlschwalbe, Moorfrosch, Säbelantilope oder Soccorotaube – Matthias Reinschmidt sprudelt nur so beim Thema „Artenschutzstiftung“. Die Soccorotaube etwa kam nur auf einer Inselart in Mexiko vor. Als dort eine Militärbasis gebaut wurde, brachten die Soldaten und ihre Familien auch Katzen mit. Bald gab es keine Soccorotauben mehr. Aber in europäischen Zoos leben 160 Tiere. „Wenn der Bedrohungsfaktor weg wäre, könnten wir die Taube wieder ansiedeln.“

    Artenschutztag im Zoo

    Die Menschen für den Artenschutz sensibilisieren, das möchte der Zoodirektor auch mit dem Artenschutztag im Karlsruher Zoo. Immer am letzten Sonntag in den Ferien findet dieser statt. Dieses Jahr ist es der 8. September. Es ist eine Plattform für den Artenschutz – natürlich ist auch der Nationalpark Schwarzwald mit dabei.

    1 Kommentar

    03.10.2024 um 19:53 Uhr von Petra:

    Neue Perspektive
    Ich war ewig nicht im Zoo, ich wusste nicht - und vielleicht ist der Karlsruher Zoo hier ja auch besonders - wie wichtig den Zoos der Artenschutz auch heimischer Tierarten ist und dass es so eine Kooperation gibt, die Auswilderung und Wiederansiedlung zum Ziel hat. Vielleicht sollte ich doch mal wieder in den Zoo gehen, jedenfalls in den Karlsruher:))
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    Iris Lemanczyk

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    Bloggt im Auftrag der Nationalparkverwaltung aus dem Nationalpark Schwarzwald.

     

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