Neulich bei der wilden Bande: Tilly erklärt Prozessschutz
Ein sonniger Tag im Nationalpark Schwarzwald bricht an. Der Widderbock Ferdinand freut sich über das schöne Wetter und spaziert durch den Wald. Als er über mehrere umgefallene Bäume klettert, denkt er sich: „Hach, ich weiß ja nicht. Hier im Wald wird es immer chaotischer. Überall liegen tote Bäume herum und die kleinen, neuen Bäume wachsen, wo sie wollen. Hier sollte mal jemand aufräumen und für Ordnung sorgen, sonst wird das Durcheinander ja immer schlimmer!“
Hallo Ferdy, schön dich zu sehen! Machst du bei dem schönen Wetter einen Ausflug?
Oh! Wo? Ah, da droben. Sei gegrüßt Tilly! Ja, ich mache gerade einen kleinen Sonntagsspaziergang. Aber stell dir mal vor: Der Wald wird immer unordentlicher. Alle paar Schritte sieht man Bäume, die kreuz und quer liegen oder wachsen, wo sie wollen. Das kann doch so nicht weitergehen!
Ach Ferdy, reg dich mal nicht auf. Das ist schon richtig so. Hier bei uns im Nationalpark gilt der Prozessschutz. Das heißt, wir lassen die Natur sich entwickeln, wie sie will. Dazu gehört auch, dass wir alte und kranke Bäume nicht fällen, sondern so lange stehen lassen, bis sie von selbst umfallen.
Ist das nicht gefährlich, Tilly? Am Ende fällt mir noch ein Baum auf den Kopf!
Keine Sorge, die Gefahr ist eher gering. Denn die Waldarbeiter*innen im Nationalpark achten darauf, dass an den Wegen möglichst keine Bäume stehen, die krank sind und umfallen können.
Und wenn mal ein Baum umfällt? Dann räumt den niemand weg?
Nein. Das sogenannte Totholz bleibt liegen. Es ist sehr wertvoll für den Wald. In abgestorbenen Bäumen leben ganz viele Tiere und Pilze. Da drin geht richtig die Party. Es ist sozusagen Partyholz. Die Pilze, Pflanzen und Tiere zerkleinern das Holz, das dann wiederum die Nahrung für neue Bäume ist.
Nun gut. Der Prozessschutz sorgt also dafür, dass immer und immer wieder neuer Wald entstehen kann.
Genau. Aber vor allem sorgt er auch dafür, dass unser Wald wieder wilder wird. Die Tiere, Pilze und Pflanzen dürfen bei uns fast alles machen, was sie wollen, ohne, dass sie durch Menschen daran gehindert werden. Im Nationalpark nennen wir das: Natur Natur sein lassen.
Aber muss man denn nicht dafür sorgen, dass die vorhandenen Bäume stehenbleiben? In den letzten Jahren sehe ich immer öfter tote Bäume. Wenn das so weitergeht, ist bald kein Wald mehr da!
Aber Ferdy! Es wachsen doch auch wieder viele neue Bäume nach. Die werden allerdings nicht gepflanzt, sondern sie wachsen von selbst. Die alten Bäume lassen im Herbst ihre Samen, ganze Zapfen oder etwa auch Bucheckern fallen. Im Frühjahr keimen sie und nach ein paar Jahren steht an der Stelle ein neuer Baum. Weil die Samen an zufälligen Stellen auf den Boden fallen oder von Tieren verbreitet werden, sieht das manchmal etwas chaotischer aus. Das ist aber auch irgendwie spannend, weil nicht genau vorhersehbar ist, wie sich der Wald entwickelt.
Mhm, so betrachtet - das klingt interessant! Danke Tilly für deine ausfühlichen Erklärungen. Dann bin auch ich gespannt, wie der Wald bald aussieht, wenn er noch eine Spur wilder wird als jetzt!
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