Draußen schult die Wildnis

28.10.2025 von M.Sc. Ulrike Unser in Kategorie : WibiDigi
  • Nationalpark Schwarzwald bildet Lehrkräfte zu Wildnisteachern aus

    Beim Übernachten in der Wildnis oder Kochen über dem Lagerfeuer, entsteht ein Gefühl von Zugehörigkeit, Gemeinschaft und Verbundenheit. Der Wildnispädagoge und die Wildnispädagogin erklärt dabei mit Ausnahme des Ablaufes nur ein paar Techniken - schafft jedoch einen sicheren Rahmen und gibt Raum für Selbstwirksamkeit. Beim Alleingang durch die werdende Wildnis, stillem Sitzen und Beobachten oder Lesen von Tierspuren in der Natur entsteht Neugierde aber auch innere Ruhe. Ohne Einzugreifen und dezent im Hintergrund ist die Wildnispädagon*in präsent. Das alles stärkt Selbstvertrauen, Selbstwahrnehmung, soziale Verantwortung, Resilienz und fördert Naturverbundenheit. Reflexionsrunden übertragen schließlich Erkenntnisse in den Alltag. All das haben auch die Lehrkräfte der Partnerschulen des Nationalparks Schwarzwald (NLP) längst mit ihren Schüler*innen auf den Veranstaltungen im Park erfahren.

    Die sechstägige Fortbildung zum Wildnisteacher im Nationalpark Schwarzwald vermittelt bewährte Methoden und Wissen des Wildnisbildungsteams an Lehrkräfte aus Kooperationsschulen, die aus der Natur-, Wildnis- und Erlebnispädagogik stammen.

    Schonmal in einer Gruppe balanciert? Uuuuund action!

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    „In unserer heutigen Welt geht alles sehr schnell: Soziale Medien und die Technik spielen eine große Rolle. Gerade junge Menschen erleben eine Überflutung mit Eindrücken und stehen unter hohem Erwartungsdruck. Sie verbringen weniger Zeit draußen und vergessen ihr Gefühl für die Natur: Naturnähe und Verbundenheit lassen nach. Hier kann das durch die Wildnisteacherinnen und Wildnisteacher moderierende Lernen in der werdenden Wildnis und Eintauchen mit allen Sinnen in die Natur positiv wirken“, sagt Sebastian Schwab, Leiter der Natur- und Wildnisbildung des Nationalparks. Zudem liegt in der Rückverbindung zur Natur auch der Kern für nachhaltiges Denken und Handeln. „Wer merkt, dass er zu etwas Größerem gehört, handelt anders. Er denkt bewusst an sich - aber auch an andere, die Natur und die Zukunft. Das ist ein kraftvoller Zugang zum Naturschutz und damit zu einer Bildung zur nachhaltigen Entwicklung (BNE).“

    Moderierend lehren, um ganzheitlich zu lernen – mit Kopf, Herz und Hand

    „Individuell und gefühlsbetont wahrzunehmen, in einer vom Menschen ungestalteten Welt erschafft eine tiefe Verbundenheit. Das ist eine große Einladung zum Lernen - in, durch und von der Wildnis!“ beschreibt Thomas Fritz, Mitinitiator der Fortbildung, den Ansatz der Wildnisteacher - Ausbildung. Gemeinsam mit Andreas Twardon, abgeordneter Grundschullehrer, führt er durch die mehrere Module umfassende Ausbildung. Heranwachsende erleben Natur mit allen Sinnen, selbstwirksam, erfahrungsbasiert und reflektiert – persönlich aber auch in der Gruppe. Der Ansatz ist ganzheitlich, kommt ohne eine Leistungsbewertung aus – das Naturerleben steht im Vordergrund, die Wissensvermittlung im Hintergrund.

    „Die große Herausforderung der Pädagoginnen und Pädagogen liegt darin, den von der Schule geprägten Hut beim Sein in der Natur abzusetzen, um Begleiter für Naturbegegnung, Mentor und Moderator zu werden“, sagt Fritz. Das lebt von einer Haltung der Offenheit, Achtung und Echtheit. „Wer die Heranwachsenden begleitet, hört mehr zu als zu erklären – und schafft Räume, in denen Kinder auf ihre eigene Weise empfinden und lernen dürfen. Nicht Bewertung ist das Ziel, sondern Beziehung: zur Natur, zu sich selbst und zur Gemeinschaft“.

    "Natur wird dabei als lebendiges Gegenüber betrachtet", betont Twardon. Eine aufmerksame, entschleunigte Haltung, Wertschätzung von Einfachheit und Stille sind gefragt. Es braucht keine teure Ausrüstung oder viel Material – Naturmaterialien sind ausreichend. Lernorte sind mal ursprünglich mit Herausforderungspotenzial wie etwa einem Bachverlauf den es zu überqueren gibt, „mal verträumt, verwunschen". Manchmal sind es Aufgaben und Spiele in der Gruppe, die zur Persönlichkeitsbildung beitragen, manchmal sind es aber auch die leisen, kleinen, eigenen Erfahrungen, die berühren“, so Fritz.

    Vom Naturmandala bis zur Tierspur: Module zum Anfassen und Staunen

    Während der Ausbildung erleben die künftigen Wildnisteacher selbst, was sie später weitergeben möchten: beim Naturhandwerk, beim Forschen mit Lupen und Ohren, beim stillen Sitzen, beim Alleingang im Wald. Die lernen, wie sie durch einfache Fragen, Reflexionsimpulse und offene Prozesse echte Lernerfahrungen ermöglichen. Immer wieder geht es dabei um das Loslassen der klassischen Lehrerrolle – hin zur Haltung des Vertrauens, der Offenheit und der Wertschätzung. Die Methoden der Wildnisteacher-Ausbildung verändern den Blick auf die Kinder. In der Wildnis, werden ihre individuellen Charakterzüge sichtbar. Diese moderierende, begleitende Pädagogik, rückt Wertebildung in den Focus.

    „Wildnisteacher erschaffen durch ihre Expertise tiefgreifende Lernräume, die über Unterrichtsformen in Klassenzimmern hinausgehen und Schülerinnen ganzheitlich fördern. Das ergänzt die Methoden aus der Schule und bereitet junge Menschen auf die Herausforderungen einer nachhaltigen Zukunft vor,“ sagt Schwab. Wildnisteacher, die das Lernen mittels Wildnis begleiten, werden so zu wertvollen Multiplikatoren für den Naturschutz – egal, ob zukünftig eigenständig mit ihren Klassen in den Nationalparkflächen unterwegs, oder in naturnahen Flächen nahe der Schulen vor Ort.

    Ansprechpartner für weitere Fragen:

    Regina Wittenauer, Assistenz Sachbereich Natur- und Wildnisbildung

    Email: regina.wittenauer@nlp.bwl.de

    Mobil: +49 172 197 8538

    Erreichbarkeit: Dienstag bis Donnerstag ( 9.00 – 12.00 Uhr )

     

    Dr. Sebastian Schwab, Leiter Natur- und Wildnisbildung Nationalpark Schwarzwald

    Email: sebastian.schwab@nlp.bwl.de

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