Die Pilze des ehemaligen Bannwalds Wilder See im Nationalpark Schwarzwald

01.08.2022 von Dr. Flavius Popa in Kategorie : Nationalparkforschung
  • Band 1 der Schriftenreihe „Forschung im Nationalpark Schwarzwald“

    In einem mehrjährigen Citizen-Science-Projekt kartierten Pilzkundler unter Leitung des Staatlichen Museums für Naturkunde Karlsruhe und des Nationalparks Schwarzwald die Pilzarten im ehemaligen Bannwald Wilder See.

    Seit 2013 kooperieren Mykologen, Botaniker und Spinnenforscher des Naturkundemuseums mit Forschern des Nationalparks. Nun konnte eines der großen mehrjährigen Forschungsprojekte, die pilzkundliche Erforschung des Areals des ehemaligen Bannwalds Wilder See, abgeschlossen werden. An dem Citizen Science-Projekt beteiligten sich neben professionellen auch zahlreiche nicht-professionelle Mykologen aus mehreren Bundesländern und Frankreich. Finanziell unterstützt wurden das Projekt durch den Nationalpark, das Naturkundemuseum, das Regierungspräsidium Karlsruhe und die Landesbank Baden-Württemberg. Die Vielzahl von Spezialisten ermöglichte die Erforschung von Pilzgruppen, die dem Laien oft nicht bekannt sind, so Schleimpilze, aquatische Pilze, Rostpilze oder flechtenbewohnende Pilze.

    Über das Projekt wurde bereits in einer Ausstellung 2019 im Regierungspräsidium Karlsruhe informiert. Nun wurden Forschungsergebnisse in einem fast 500 Seiten fassenden, reich illustrierten Buch veröffentlicht. Es trägt den etwas sperrigen Titel Die Pilze des ehemaligen Bannwalds Wilder See im Nationalpark Schwarzwald unter besonderer Berücksichtigung der mit Abies alba (Weißtanne) vergesellschafteten Arten und bildet den Auftakt der Schriftenreihe „Forschung im Nationalpark Schwarzwald“.

    Zehnmal mehr Pilzarten als Gefäßpflanzenarten

    Die Ergebnisse dieser für Baden-Württemberg einzigartig detaillierten Arbeit können sich sehen lassen: Auf dem knapp 149 Hektar großen Waldareal konnten 723 Pilzarten nachgewiesen werden. Dies entspricht ungefähr der zehnfachen Zahl der im Gebiet vorkommenden Gefäßpflanzen und zeigt die enorme Vielfalt im Pilzreich. Ausgewertet wurden auch DNA-Sequenzdaten zur Artdiagnose, eine Methode, auf die in fundierten Untersuchungen zur Pilzartenvielfalt nicht mehr verzichtet werden kann. Werden die Untersuchungen fortgesetzt kann man noch mit vielen weiteren Arten rechnen.

    Neufunde landesweit, deutschlandweit, weltweit

    Erwähnenswert ist, dass im Gebiet eine Vielzahl von Arten gefunden wurde, die aus Deutschland oder Baden-Württemberg noch nicht bekannt sind. Sogar zwei für die Wissenschaft neue Risspilze konnten beschrieben werden. Auch die enorme Bedeutung der Weiß-Tanne als Symbiont (Lebenspartner) und als Substrat für seltene Pilzarten konnte gezeigt werden. Der Schwarzwald besitzt das größte Weiß-Tannenareal in Deutschland und dennoch ist der Baum im Schwarzwald, so auch am Wilden See, durch die Forstwirtschaft der letzten 200 Jahre von der Fichte stark zurückgedrängt worden. Der vielleicht bekannteste und bereits mehrmals in der Presse erwähnte Pilz vom Wilden See, die seltene Zitronengelbe Tramete, wird mittlerweile von mehreren Forschungseinrichtungen in Deutschland und Österreich untersucht. Alle gesammelten Pilzfunde aus dem Nationalpark werden als Referenzbelege im Pilzherbarium des Naturkundemuseums hinterlegt, so auch die 2400 Belege aus dem Projekt. Sie stehen jetzt der wissenschaftlichen Öffentlichkeit für weitere Untersuchungen zur Verfügung.

    Scholler M & Popa F (Hrsg.): Die Pilze des ehemaligen Bannwalds Wilder See im Nationalpark Schwarzwald unter besonderer Berücksichtigung der mit Abies alba (Weißtanne) vergesellschafteten Arten. Forschung im Nationalpark Schwarzwald Band 1:1-480.

     

    PUBLIKATION AUF RESEARCHGATE

     

     

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