Herrenwies – der Schwarzwald und der Mensch
Weißt du, was Harzer sind? Oder Franzosenhiebe? Oder was es mit dem Spruch „Glas frisst Wald“ auf sich hat? Das erfährst du im Nationalparkhaus Herrenwies. Die rund 80 Quadratmeter große Ausstellung ist dem Thema Waldgeschichte gewidmet. Sie erklärt die Prägung des Nordschwarzwaldes durch den Menschen in den letzten tausend Jahren – von der Wildnis über Glashütten und Holzhandel bis hin zur Nationalparkgründung.

Ein Harzer sammelte übrigens Baumharz. Dabei wurden die Fichten angeritzt, der Baum wird verletzt, das ablaufende Harz aufgefangen. Eigentlich schützt das Harz den Baum vor Feinden oder schließt Wunden. Für die Schwarzwälder war das Gold des Waldes ein Zubrot in kargen Zeiten. Auch Kinder mussten harzen. Das Harz brauchte man zur Herstellung von Teer, Terpentin und Gummi. Durch die Verletzungen und das „Ausbluten“ wurde das Holz als Bauholz weitgehend unbrauchbar. Das passte den Herzögen, den Besitzern der Wälder, überhaupt nicht. Deshalb war Harzen verboten und illegal.

Glas frisst Wald
Was bedeutet nun „Glas frisst Wald“? Im 12. Jahrhundert entstanden erste Glashütten. Zur Herstellung von Glas wurde Quarzsand, Pottasche (Pflanzenasche) und Kalk in Tontöpfen bei hohen Temperaturen geschmolzen. Das entstandene Gemisch dann weiterverarbeitet. Um die hohen Temperaturen zu bekommen, brauchte es Feuer. Holzfeuer. Für ein Kilo Glas wurden 1000 Kilo Holz verbrannt. Deshalb frisst Glas Wald. In Herrenwies lebten zehn Glasbläserfamilien. Das Glas konnten sich nur Reiche leisten, alle anderen begnügten sich mit Bechern aus Ton.
Weniger Ehen erlaubt
In den sogenannten Waldkolonien, bei den Köhlern und Glasbläsern, war die Not oft groß. Damit nicht zu viele Kinder auf die Welt kamen, beschlossen die Herrscher in den Klöstern oder Schlössern, weniger Ehen zu genehmigen. Wie weltfremd muss man sein? Natürlich kamen trotzdem jede Menge Kinder zur Welt, die es dann als „Bastarde“ umso schwerer hatten.
Luchs, Bär und Wolf
In der Ausstellung erfährt man auch, dass Braunbären im Schwarzwald bis ins 16. Jahrhundert Freiwild waren. Jeder durfte Braunbären erlegen. Bis 1740 der letzte Bär getötet war. Dem Wolf ging es später an den Kragen: 1866 wurde der letzte geschossen. Auch der Luchs wurde stark bejagt. Vor 250 Jahren wurde der letzte Luchs im Schwarzwald erlegt.

Der Holzhandel
Ein großes Kapitel im Nationalparkhaus ist dem Holzhandel gewidmet, der zwischen 1732 und 1781 besonders intensiv war. In Herrenwies spricht man von rücksichtsloser Ausbeutung. Das Nationalparkhaus ist übrigens ein ehemaliger Pferdestall. Untergebracht waren die Pferde, die die Baumstämme aus dem Wald gezogen haben.

Lenkbare Flöße
Selbst auf den kleinen Seitenbächen im Schwarzwald beherrschte man früh die Technik des Zusammenbindens der Baumstämme zu lenkbaren Flößen. Auf Murg, Kinzig, Wolf und Schiltach wurden die dicken, langen Tannenstämme zusammengefasst und weitertransportiert. Bis zum Rhein, dort wurden sie als gewaltige Flöße auf dem Rhein transportiert. Holz für den Bau. Holz für Handelsschiffe.
Der Fremdenverkehr
Irgendwann zieht dann der Fremdenverkehr in den Schwarzwald ein. Der Wald ist keine Bedrohung mehr, sondern dient der Erholung. Um 1900 ist Herrenwies ein Luftkurort. Mark Twain schrieb nach seinen Wanderungen im Schwarzwald, dass er im Zustand tiefster Zufriedenheit, fern der Alltagswelt, heitere Stunden verbracht hat. Er schwärmt von der Stille, vom harzig duftenden Wald, der übernatürlich und geheimnisvoll wirkt.
Franzosenhieb
Ach ja, zum Schluss noch die Lösung, was ein „Franzosenhieb“ ist. Das waren Reparationszahlungen nach dem Zweiten Weltkrieg an Frankreich. Entschädigung in Form von Holzlieferungen.

Noch viel, viel mehr ist im Nationalparkhaus zu sehen, zu hören und zu erfahren.
Das Nationalparkhaus Herrenwies ist von Dienstag bis Sonntag 10 bis 13 Uhr und 14 bis 17 Uhr geöffnet.
Adresse: Herrenwies 14b, 76596 Forbach-Herrenwies.
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Zur Person

Iris Lemanczyk
Bloggt im Auftrag der Nationalparkverwaltung aus dem Nationalpark Schwarzwald.
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